Ennepe-Ruhr. Astrid Hinterthür ist Leiterin des Krisenstabes im EN-Kreis. Sie erzählt, wie im Kreishaus in der Corona-Krise Entscheidungen getroffen werden.
Astrid Hinterthür ist Leiterin des Krisenstabs des Ennepe-Ruhr-Kreises. Sie berichtet, wie jetzt im Kreishaus rund um die Uhr gearbeitet wird. „Das hier ist kein Sprint, sondern ein Marathon“, beschreibt die 58-Jährige die Corona-Krise.
Tägliche Treffen des Krisenstabs
Eigentlich leitet Hinterthür seit Juni 2015 den Fachbereich Soziales und Gesundheit des EN-Kreises. „Ich bin quasi die Sozialdezernentin“, erklärt sie. Sie verantwortet die Fach- und Rechtsaufsicht unter anderem für Heime, Betreuungsstellen, den Sozialpsychologischen Dienst und den Infektionsschutz. Dass sie gemeinsam mit dem Dezernenten für Ordnung und Recht einen Krisenstab leitet, wenn es zu einer Infektionswelle im Kreis kommt, gehört zu ihrer Stellenbeschreibung. Die Corona-Pandemie jedoch ist keine Sache von wenigen Wochen wie sonst üblich.
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Am 28. Februar berief der Kreis das erste Mal den Krisenstab wegen Covid-19 ein. Seitdem tagt der jeden Morgen, um die aktuelle Lage zu bewerten und Maßnahmen abzuleiten. „Wir fangen um 8.15 Uhr und besprechen uns etwa ein bis anderthalb Stunden. Am Wochenende starten wir etwas später. Wir arbeiten fast nur noch für die Krise.“
Tägliche Befragung in Quarantäne
Der Arbeitsalltag hat sich seitdem stark verändert – nicht nur für Hinterthür. „Wir haben hausintern gefragt, wer uns unterstützen will. Die Personalabteilung hat dann geschaut, wer für welche Aufgaben geeignet ist.“ Wer etwa die täglichen Anrufe bei Menschen, die in Quarantäne geschickt wurden, übernimmt, müsse Einfühlungsvermögen und Empathie mitbringen.
Arbeitsteilung im Einsatz gegen Corona
Etwa 70 bis 80 Mitarbeiter sind aktuell dafür zuständig, Infektionsketten zu ermitteln. Bis zu 350 Mitarbeiter der Kreisverwaltung arbeiten aktuell im Homeoffice.
Wenngleich viele Mitarbeiter bei der Verlangsamung der Ausbreitung des Virus helfen, ruht das Tagesgeschäft nur bedingt. Die Grundversorgung, etwa die Auszahlung von Sozialhilfe oder die Bezahlung von Pflegeheimen, läuft weiter. Viele Mitarbeiter teilen deshalb ihre Arbeitszeit auf; unterstützen zum Beispiel einen Tag das Team, das die Abstriche plant, und arbeiten die restliche Zeit in ihrem eigentlichen Bereich.
Vierzehn Tage bleiben Verdachtsfälle in häuslicher Quarantäne. In dieser Zeit werden sie täglich nach ihrem Gesundheitszustand befragt. Außerdem hat der Krisenstab eine Datenbank aufgebaut. Dort werden die (Verdachts-)Fälle protokolliert: Wo sie sich angesteckt haben könnten. Wann der Abstrich genommen wurde. Wie dieser ausgefallen ist.
Nachfragen von Friseuren, Fitness- und Nagelstudios und Schulen
Der Sitzungssaal des Kreishauses, in dem eigentlich die Fachausschüsse tagen, ist jetzt der Lageraum; ein Büro mit fünf Telefon- und Bildschirmarbeitsplätzen, das rund um die Uhr besetzt ist. Seit den Lockerungen in der vergangenen Woche ist die Arbeitsbelastung wieder gestiegen, berichtet die Krisenstabs-Leiterin. Friseure, Fitness- oder Nagelstudio-Betreiber fragen nach Öffnungsregelungen und vor allem die Schulen hatten Unterstützung angefragt, damit der Schulbetrieb geregelt anlaufen konnte.
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Angesichts der hohen Arbeitsbelastung erinnert Hinterthür ihre Mitarbeiter und sich selbst daran, den psychischen Abstand zu wahren. „Manch einer arbeitet die ganze Woche durch. Wir brennen jetzt alle dafür, wir wollen die Sache gut machen. Wir müssen Strukturen aufbauen, um den Marathon durchzuhalten.“
Privates muss Zurückstehen
Auch privat muss bei Astrid Hinterthür gerade einiges zurückstehen. Vor Corona machte sie vier Mal die Woche Sport. Zeitlich sei das momentan nicht drin. Deshalb nutzt sie freie Minuten zu Hause für Yoga und die Wochenenden für Spaziergänge, um Kraft zu tanken.
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Die Leiterin schätzt, dass der Krisenstab bis Ende des Jahres eingerichtet bleibt. „Bis zu den Sommerferien werden die Fallzahlen vermutlich wieder steigen“, fürchtet sie. Deshalb appelliert sie an die Bürger die Nies-Etikette, Abstandsregelungen und die Handhygiene einzuhalten. „Das ist die beste Vorsorge.“