Hattingen. Nowifit-Inhaber erklären: „Fitnessstudios sind systemrelevant“. Mit ihrem Hygienekonzept fordern sie von der Politik die Erlaubnis zur Öffnung.
Geschäfte bis 800 Quadratmeter sind seit wieder geöffnet. Dass Fitnessstudios nicht als „systemrelevant“ eingestuft wurden, halten viele Betreiber aber für falsch. Thomas Kampmann und Thomas Nowinski, Inhaber des Nowifit in Hattingen, verschickten deshalb Briefe an Hattinger Politiker, etwa an Landrat Olaf Schade, Bürgermeister Dirk Glaser und den Landtagsabgeordneten Rainer Bovermann, um sich Gehör zu verschaffen.
Bundesweite Initiative von Fitnessstudio-Betreibern
Die Hattinger schließen sich damit einer bundesweiten Initiative von Studiobetreibern an. „Insgesamt wurden bundesweit 2500 dieser Briefe an Politiker verschickt“, so Kampmann. Ziel der Initiatoren ist es zu zeigen, wie wichtig Sport- und Fitness-Einrichtungen sind, damit bei den nächsten Verhandlungen auf Bundesebene auch diese Branche bedacht wird. Gesundheitsminister Jens Spahn räumte kürzlich bereits ein: „Wer mit dem nötigen Abstand zu anderen in einem Geschäft einkaufen geht oder sich beim Sport im Fitnessstudio fit hält, sollte das tun können.“
Kampmann könnte sich die strengste Form der sukzessiven Öffnung im konkreten Fall so vorstellen: „Jeder könnte sich über unsere App oder telefonisch einen 40-minütigen Trainingsslot buchen. So könnten wir steuern, wie viele Personen maximal im Studio sind. Das Duschen wäre bei uns nicht möglich.“ Nur jeder dritte Spind wäre belegt, um Abstandsregeln einzuhalten. Kurse würden weiterhin nur online stattfinden, der Trainingsraum für die Geräte des Muskellängentrainings umfunktioniert, sodass die Trainingsfläche im Hauptraum entzerrt werden könnte.
Desinfektionsmittel, Masken und Papierhandtücher vorhanden
Ausreichend Desinfektionsmittel, Einmal-Masken, Papierhandtücher und -Spender hatten die Inhaber schon weit vor der Schließung organisiert. Zwischen den Trainingsslots hätten die Mitarbeiter ausreichend Zeit, die Geräte für die nächste Gruppe zu desinfizieren, da nur zu jeder vollen Stunde neue Einheiten beginnen würden.
Den Hattinger Landtagsabgeordneten Rainer Bovermann erreichen aktuell viele Briefe und E-Mails aus den unterschiedlichsten Branchen. Er spricht von einem „Blick in die Glaskugel“, befragt nach Erfolgsaussichten der Aktion. „Öffnungen können nur schrittweise gelingen. Und in der nächsten Runde sind vermutlich erst mal Kitas und Schulen an der Reihe.“ Erst müssten die Voraussetzungen geschaffen werden. Für den SPD-Politiker sind das genügend Masken, eine datenschutzkonforme App zur Nachverfolgung der Infektionswege sowie eine Ausweitung der Tests.
Stadt Hattingen kann nicht entscheiden
Für Bürgermeister Dirk Glaser besteht kein Zweifel, dass Sport allgemein eine wichtige Bedeutung zukommt. Jedoch: „Wir als Stadt können keine Öffnung der Fitnessstudios zulassen. Ich warte auf die Bundes- und Landespolitik.“
Im Gegensatz zum Hotellerie und Gaststättengewerben seien die knapp 10.000 Studios in Deutschland nicht in einem einflussreichen Verband organisiert, so Kampmann. Erst durch die Corona-Krise habe sich eine lose Gemeinschaft über Facebook zusammengefunden. Etwa 5000 Branchenkenner haben zu dem vorgeschlagenen Hygienekonzept Ideen beigesteuert.
Existenzsorgen der Studios
Den Fitnessstudios geht es auch um Existenzsorgen. „Würden die Beiträge zu 100 Prozent wegbrechen, würde kein Studio lange überleben“, so Kampmann. „Die wirtschaftlichen Probleme verstehe ich sehr gut“, erklärt Glaser. Auch aus diesem Grund hoffe er auf eine zeitnahe Entscheidung.
Bisher haben die Nowifit-Mitglieder viel Verständnis gezeigt und fordern ihre Beiträge nicht zurück. Für die ausgefallene Trainingszeit bietet das Studio Gutscheine für Freunde und Bekannte an. Außerdem sollen die Mitglieder als Dankeschön ein Buch zum Thema Fitness, Ernährung und Gesundheit bekommen.