Hattingen. Mieter beklagen schwere Mängel bei der Renovierung des Hauses Bredenscheider Straße 4 in Hattingen. Sie haben jetzt einen Anwalt eingeschaltet.
Kein Strom, keine Heizung, kein warmes Wasser. Das war der Zustand der sanierten 120-Quadratmeter-Wohnung mit Balkon an der Bredenscheider Straße 4 - am 1. September 2019. An dem Tag wollte Daniel Uphoff laut Mietvertrag mit seiner Frau und vier Kindern (jetzt elf und zwei Jahre sowie Zwillinge von sieben Monaten) einziehen. Doch daraus wurde nichts. Inzwischen wohnt die Familie dort, der Ärger aber hat nicht aufgehört.
Rechtsanwalt Marc Lichtblau ist eingeschaltet. Er vertritt mittlerweile drei Parteien in dem Haus. Eigentlich finden alle Familien ihre Wohnungen prima. Aber das direkte Umfeld am Haus und die teils gravierenden Mängel in den Wohnungen würden beharrlich nicht behoben. Das Gebäude, das von Ratten und Mäusen befallen sei, befinde sich von innen wie von außen immer noch im Bauzustand.
Mieter haben tote Ratten im Müll gefunden
"Über die abgehängten Decken hört man die Tiere laufen, tote Ratten haben wir im Müll gefunden und fotografiert", sagt Daniel Uphoff, von Beruf Speditionskaufmann. Das seien aber nur die großen Probleme. Die Liste könne deutlich verlängert werden. Man habe den Vermieter wegen der Zustände mehrfach angesprochen und um Abhilfe gebeten.
"Seine Antwort war, man wohne hier in der Sozialwohnung für 5,25 Euro pro Quadratmeter, man solle nicht so viele Anforderungen stellen", sagt der 34-jährige Mieter. Bei einer Familie, die laut Mietvertrag eine Wohnung mit Balkon gemietet hat, gebe es bisher überhaupt keinen Balkon. Denen habe man vor einiger Zeit gesagt, es sei sowieso zu kalt, um auf den Balkon zu gehen. Sie bekämen einen, wenn es wieder warm wird.
Wasser läuft aus der Dusche heraus
In einer Dusche, sagt Uphoff, sei so wenig Gefälle zum Abflussrohr hin eingebaut worden, dass das Wasser aus dem Bad herauslaufe. Die Antwort des Vermieters auf den Mängelhinweis sei diese gewesen: "Installieren Sie sich einen Duschvorhang. Sie glauben doch nicht, dass ich hier noch einmal nachbessere. Sie leben in einer Sozialwohnung und nicht in Düsseldorf auf der Kö."
Die Kaltmiete für die große Wohnung in dem Haus, das „wohl Ende des 19. Jahrhunderts erbaut wurde“, so Daniel Uphoff, belaufe sich auf rund 600 Euro, warm koste sie 898 Euro. "Vor kurzem hatten unsere Nachbarn und wir Tüten an der Wohnungstür hängen mit drei Mausefallen darin."
Die Stadtverwaltung kennt die Problematik
Ein ruhiges Gespräch mit dem Vermieter sei kaum möglich. Die Stadt Hattingen helfe auch nicht. Da heiße es, Privatrecht gehe vor öffentliches Recht.
Die Stadtverwaltung bestätigt das. "Wir haben bei öffentlich geförderten Wohnungen nur das Besetzungsrecht", erklärt Susanne Wegemann vom Presseamt. "Wir kennen die Problematik in dem Haus, wo immer wieder nachgebessert werden muss", sagt sie. Das Thema sei „sehr unerfreulich“. Und wenn es um so gravierende Probleme wie eine Ratten- und Mäuseplage gehe, werde das Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung jetzt kontrollieren.
Anwalt sieht keine überzogenen Forderungen der Mieter
Rechtsanwalt Marc Lichtblau, der die drei Parteien vertritt, betont, dass die Mieter in keiner Weise überzogene Forderungen stellen. "Ganz im Gegenteil, sie fühlen sich in den Wohnungen eigentlich sehr wohl und wollen auch dort bleiben. Aber es kann nicht sein, dass bei einer mit Balkon vermieteten Wohnung noch gar kein Balkon vorhanden ist. Oder dass es Ungeziefer in erheblichem Ausmaß gibt."
Bei einem Altbau sei klar, dass es auch nach einer Sanierung kein Neubau sein wird. "Aber in einer Wohnung muss eine Dusche funktionieren und Ungeziefer in erheblichem Umfang muss man nicht hinnehmen."
Er versuche immer noch, außergerichtliche Lösungen zu finden, es gebe aber "keinen Freifahrschein, Reparaturen und Mängelbehebung endlos hinauszuzögern", erklärt Lichtblau.
Vermieter gibt der Bauverwaltung die Schuld
Architekt und Vermieter Carsten Doberenz bedauert, dass er "ein bisschen Pech mit den Mietern" habe. Man habe einen schönen Ausbau mit Schiefer und Holz gemacht - und immer würden negative Sachen gefunden.
"Das Problem mit den Ratten und Mäusen, die aus der Altstadt kommen, kennen wir. Am Mittwoch vergangener Woche war ein Schädlingsbekämpfer da, der Köder ausgelegt hat." Und von dem Handwerker, der das Bad in der Wohnung von Uphoff gebaut hat, habe man sich getrennt.
Der fehlende Balkon werde in den nächsten Monaten angebaut. "Wir wären längst schon viel weiter, wenn wir nicht seit fast drei Jahren auf die Baugenehmigung für das Haus Nr. 8 warten würden", sagt Doberenz." Bei dem Tempo des Bauamts werde die Fertigstellung der Außenanlagen noch Jahre dauern.
Kreisbehörde hat öffentliche Förderungen bewilligt
Die holperigen Fortschritte bei den Sanierungsarbeiten in der Bredenscheider Straße 4-6 sind auch der Kreisbehörde bekannt. Denn der Bewilligungsbescheid für öffentliche Förderungen von Wohnungen kommt von der Stelle Wohnungswesen, die Petra Kindt leitet.
Sie hat bereits im Jahr 2015 die Zustimmung gegeben, damit "in dem Haus am Eingangstor von Hattingen acht Wohnungen saniert werden können". Damals habe es einen Sondertopf des Landes NRW gegeben. Für das "Handlungskonzept Wohnen" habe man äußerst günstig Darlehen erhalten.
"Die Gelder wurden mit 112,50 Euro pro Quadratmeter als Baudarlehen gewährt. Es gab also für eine 100-Quadratmeter-Wohnung 112.500 Euro, von denen in zehn Jahren nur 85 Prozent zurückgezahlt werden mussten. Mit null Prozent Zinsen", so Kindt.