Hattingen. Eine 61-jährige aus Hattingen ist vom Coronavirus betroffen. Die Realschule bleibt geschlossen. Der EN-Kreis will Abstriche mobil abnehmen.

In Hattingen gibt es die erste bestätigte Corona-Infektion im Ennepe-Ruhr-Kreis. Eine 61-jährige Hattingerin ist positiv auf das Virus getestet worden. Zudem bleibt die Realschule Grünstraße, die einzige Hattinger Realschule, wegen eines Corona-Verdachtsfalles für diese Woche geschlossen.

Unterdessen richtet der Ennepe-Ruhr-Kreis ein mobiles Diagnosezentrum zur Entnahme von Abstrichen ein. Auch an einem an einem Konzept für einen hausärztlichen Besuchsdienst wird gearbeitet.

Erster Coronafall im EvK in Hattingen

Die Hattingerin gehörte nicht zu den sechs begründeten Verdachtsfällen, die der Kreis am Montag gemeldet hatte. Sie war aber seit Montag im Evangelischen Krankenhaus behandelt worden – nachdem ein Test auf eine Grippe-Infektion zuvor negativ ausgefallen war.

Die 61-Jährige hatte sich mit Beschwerden in der Klinik an der Bredenscheider Straße gemeldet. „Sie wurde sofort in den Infektionsbereich gebracht“, erklärt Krankenhaussprecher Eberhard Franken. „Da der Hausarzt das Krankenhaus auf die Ankunft der Patientin, sowie die Symptome Husten und Fieber hingewiesen hatte, war das Personal entsprechend vorbereitet und vorgewarnt“, berichtet Amtsärztin Dr. Sabine Klinke Rehbein. Entsprechend habe die Frau den Kernbereich der Ambulanz, wo sie in Kontakt mit anderen Patienten kommen könnte, nicht betreten.

Kontaktpersonen müssen in Quarantäne

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Im EvK wurde bei der Frau eine beidseitige Lungenentzündung festgestellt. Der Test auf das Coronavirus bestätigte die Infektion. Schon am Dienstag wurde die Betroffene mit einem Spezialtransport in die Uni-Klinik in Essen gebracht, so Franken. Dabei sei ihr Zustand stabil gewesen.

Aktuell ermitteln Mitarbeiter der Kreisverwaltung, zu welchen Personen die Betroffene in den vergangenen Tagen engen Kontakt gehabt hat. „Für jeden einzelnen von ihnen wird häusliche Quarantäne angeordnet werden“, teilt das Gesundheitsamt mit. Innerhalb ihrer Wohnung sollten sich die Kontaktpersonen von den übrigen Familienmitgliedern absondern, rät das Gesundheitsamt.

Enkel der Betroffenen besuchen Realschule

Auch die Schließung der Realschule steht im Zusammenhang mit dem Fall: Zwei Enkelkinder der Patientin gehören zu den Kontaktpersonen und besuchen die Realschule. „Uns ist wohler dabei, den Schulbetrieb ruhen zu lassen, bis uns die Testergebnisse vorliegen“, nennt Amtsärztin Dr. Sabine Klinke-Rehbein die Gründe für diese Vorsichtsmaßahme.

Patienten sollen Abstrich vornehmen

Das Bürgertelefon des EN-Kreises ist täglich von 8 bis 18 Uhr unter der Nummer 02333 40 31 449 erreichbar. Zusätzlich gibt es eine neue Nummer der Landesregierung, die von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr erreichbar ist: 0211/91 19 11 01.

Wer befürchtet, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben, sollte sich direkt an das Bürgertelefon wenden. Die Mitarbeiter werden dem Betroffenen Fragen zu seinen Symptomen stellen und klären, ob er Kontakt zu einem bestätigten Corona-Fall hatte oder sich in einem Risikogebiet oder einer Region mit einer Häufung von Infektionen aufgehalten hat.

Die Patienten sollen den Abstrich selbst vornehmen. Das Material stellen ihm die Mitarbeiter der Hilfsorganisationen vor die Wohnungstür und sammeln den Behälter mit der Probe dort auch wieder ein. So soll das Infektionsrisiko minimiert werden.

Sie betont: „Niemand in der Schule hatte - so unser Kenntnisstand heute - Kontakt mit jemanden, der an Corona erkrankt ist. Wir wollen aber an dieser Stelle auf Nummer sicher gehen.“ Sie bittet Schüler, Lehrer und andere Beschäftigte der Schule darum, sich freiwillig in Quarantäne zu begeben. „Dies nicht“, wiederholt Dr. Klinke-Rehbein, „weil sie den Coronavirus haben, sondern weil wir nicht zu einhundert Prozent ausschließen können, dass dies sein könnte.“

Mehr als 70 Tests auf den Virus

Aus den sechs begründeten Verdachtsfällen im EN-Kreis sind inzwischen 22 geworden. Weitere Testergebnisse liegen aber noch nicht vor. Insgesamt sind bis Dienstag im gesamten EN-Kreis mehr als 70 Personen auf den Erreger Sars-CoV-2 getestet worden, alle negativ. Als begründete Verdachtsfälle galten aber nur sieben Personen. Denn entscheidend dafür ist laut Robert-Koch-Institut nicht nur das Auftreten von Symptomen, sondern auch der Kontakt zu Risikogebieten.

Nun soll es Hausbesuche zentral koordiniert geben – zur Abstrich-Entnahme bei Verdachtsfällen und der ärztlichen Versorgung von mild erkrankten Corona-Patienten. Auch ein zentrales Diagnosezentrum ist im Gespräch. Das sei aber erst der zweite Schritt, sagt Kreissprecher Ingo Niemann.

Ärztlicher Besuchsdienst in Planung

Zunächst soll eine Fahrzeug-Besatzung des Gesundheitsamtes mögliche Infizierte in den eigenen vier Wänden aufsuchen, um die zur Abklärung nötigen Proben in Nase und Rachen zu entnehmen. Über das Bürgertelefon des Kreises können sich Patienten und Arztpraxen für einen Test melden.

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„Ein Problem, das vielen noch nicht bewusst ist, ist die fehlende ärztliche Versorgung von mild erkrankten Corona-Patienten“, sagt Arne Meinshausen, Geschäftsführer der Ärztlichen Qualitätsgemeinschaft Witten. Gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe arbeitet der 62-Jährige gerade an einem Konzept für einen hausärztlichen Besuchsdienst für den Kreis. Denn viele Patienten erhielten in den 14 Tagen ihrer Hausquarantäne bislang keine ärztliche Untersuchung. „Sie werden mit grippalen Krankheitssymptomen und ihren Ängsten, lebensbedrohlich erkrankt zu sein, ärztlich allein gelassen“, kritisiert der Mediziner.

Pool an Ärzten nötig

Vorstellbar sei, dass Fahrzeuge der Johanniter, die auch am Wochenende beim Notdienst zum Einsatz kommen, für die Versorgung von Corona-Patienten in der Woche verwendet werden. Diese seien mit allen Schutzartikeln ausgestattet, so Meinshausen. Nötig sei dazu auch ein Pool an freiwilligen Ärzten, die diesen Bereitschaftsdienst übernehmen würden.