Hattingen. Carl Hundt gründet im Jahr 1837 am Obermarkt in Hattingen eine Buchbinderei. Mit den Märkischen Blättern verlegt er die erste Zeitung der Stadt.
Nachrichten und Wissen sind seine Leidenschaft: Carl Hundt gründet im Jahr 1837 eine Buchbinderei am Obermarkt, er richtet eine Buchhandlung und eine Druckerei ein – nur so kann er den Bürgern das nahebringen, was ihm am Herzen liegt. Zwölf Jahre später folgt schließlich der Meilenstein: Hundt gibt Hattingens erste Zeitung heraus – es sind die Märkischen Blätter.
Er muss Stempelsteuer und Kautionen bezahlen
Im Antrag auf die Herausgabe schreibt der Hattinger Folgendes: „Märkische Blätter, Mitteilungen über Politik, Gewerbe, Landwirtschaft, Gemeindeverhältnisse. (...) Hinsichtlich ihrer engeren politischen Tendenz stellen sich die Märkischen Blätter auf den Boden der konstitutionellen Monarchie und werden in diesem Sinne von Zeit zu Zeit leitende Artikel liefern. Sie werden stets für Gesetz, Ordnung und Sittlichkeit in die Schranken treten, überhaupt, dass nur auf diesem Wege das Heil des Vaterlandes erblühen kann.“ Carl Hundt unterzeichnet den Antrag verantwortlich als Redakteur, Drucker und Verleger.
Hierfür muss er Stempelsteuer und Kautionen bezahlen. Denn Zeitungen, in denen politische Meldungen stehen, sind kautionspflichtig. Weil dies kostspielig ist – die Kautionen liegen zwischen 1000 und 5000 Talern – läuft aber nicht alles glatt. „Für eine kurze Zeit, bis zur Einsendung der Kaution, werden wir die Politik ausschließen“, schreibt Hundt. Immer mittwochs und samstags erscheint die Zeitung.
Carl Hundt wird im Jahr 1814 geboren
Carl Hundt wird im Jahr 1814 geboren, das genaue Datum wie auch der Geburtsort sind nicht überliefert – es gibt damals noch keine Zeitung. Als sicher gilt indes, dass er die Lateinschule im Schatten der St.-Georgs-Kirche besucht hat. In Mülheim an der Ruhr wird er zum Buchbinder ausgebildet. Wanderjahre, Soldatenjahre – erst danach kehrt er in die Heimat zurück und heiratet seine Friederike, die Putzmacherin, ebenfalls Zeitungsverlegerin und fünf Jahre jünger ist als er. Gemeinsam bekommen sie drei Kinder: Emilie, Heinrich und Rudolph.
Die Buch- wie auch die Zeitungsgeschäfte laufen gut. Müssen sie auch, denn im Hundtschen Haushalt leben jede Menge Menschen, die mitversorgt werden: Neben der fünfköpfigen Familie sind dies die Schwiegermutter, zwei Mägde, ein Schriftsetzer und die frühere Besitzerin des Hauses am Obermarkt.
Schicksalsschlag für die Familie Hundt
Schicksalsschlag für die Familie: Gründer Carl Hundt stirbt 1860 im Alter von nur 46 Jahren. Friederike übernimmt die Firma, die fortan den Namen „C. Hundt sel. Wwe.“ (Hundt ist selig, Witwe führt den Betrieb) trägt. Auf der Straße und an der Theke wird von der Druckerei nur noch als „Hundts selige Witwe“ gesprochen.
Aus im Dezember 1979
Nach 142 Jahren stoppen die Maschinen: Am 31. Dezember 1979 arbeiten die Angestellten der Druckerei Hundt in ihrer letzten Schicht – es wird aufgeräumt und geputzt. Am Mittag ist Feierabend.
Dramatische Einbrüche in den vorangegangenen Jahren sowie der Preisdruck haben den Betrieb in eine Schieflage gebracht. 104 Beschäftigte verlieren ihren Arbeitsplatz – das Ende einer wichtigen Hattinger Wirtschaftsgeschichte.
Eben diese Witwe hat aber Erfolg: Im Jahr 1863 zählt die Zeitung 500 Abonnenten bei 5000 Einwohnern. Knapp 20 Jahre später werden die Märkischen Blätter in „Hattinger Zeitung“ umbenannt, die Söhne führen inzwischen das Unternehmen. Sie kaufen neue Maschinen, die schneller und sauberer arbeiten – denn die Konkurrenz schläft nicht. Unterhaltung und der Heimatteil sind ihre Stärken.
Historisches Eckfenster im ersten Stock
Während des Ersten Weltkriegs verkündet ein Redakteur aus dem „historischen Eckfenster“ im ersten Stock täglich die aktuellsten Meldungen von der Front, sorgt für Stadtgespräche. Die Firma floriert, sie erweitert ihr Gebäude in Richtung Augustastraße/Am Graben.
Die Gleichschaltung der Nazis bringt die Zeitung auf Linientreue und gibt ihr einen neuen Namen: „Heimat am Mittag“. Nach Kriegsende erlauben die Alliierten die Fortführung der Zeitung, aus der im Jahr 1966 der „Ruhr-Anzeiger“ wird.
Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung – 1948 gegründet – lässt mehrere Lokalausgaben bei Hundt setzen und drucken. Zur Jahreswende 1967/68 eröffnet die WAZ in Hattingen eine eigene Lokalredaktion, im März 1972 kauft sie schließlich den „Ruhr-Anzeiger“ auf.
>>> WEITERE GESICHTER UND GESCHICHTE(N):
GUSTAV HÖFKEN – VOM REDAKTEUR ZUM RITTER