Essen. Sie hatten ihm ein Tütchen Marihuana geklaut, da stach der Dealer zu. Jetzt muss sich der Hattinger wegen versuchten Totschlags verantworten.

Im Dezember war der 19-Jährige noch das Opfer eines Diebstahls. Doch am Montag muss sich der Hattinger vor der XXIV. Essener Jugendstrafkammer als Angeklagter verantworten. Versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung werden ihm vorgeworfen, weil er laut Anklage die Diebe niedergestochen hat.

Hintergrund des Prozesses ist ein missglücktes Drogengeschäft. Die beiden Opfer der Messerstiche sollen sich am 9. Dezember vergangenen Jahres im bürgerlichen Essener Stadtteil Burgaltendorf getroffen haben. Marihuana wollten sie kaufen, hatten aber kein Geld. So sollen sie geplant haben, den 19-jährigen Hattinger zu treffen, um ihm die Drogen ohne Bezahlung abzunehmen. „Abziehen“ nennt man das.

Tütchen Marihuana geklaut

Mit dem Bus fuhren die beiden nach Hattingen-Welper und trafen dort den 19 Jahre alten Dealer. Es ging ganz schnell. Einer stand nur daneben, der andere schnappte sich das Tütchen Marihuana und flüchtete. Der jetzt Angeklagte ließ sich das nicht bieten und verfolgte ihn. Als er ihn eingeholt hatte, soll er dem „Dieb“ ein Messer in den Bauch gestochen haben.

Als der andere Essener sich einmischte, um den Freund zu befreien, soll er auch diesem einen Stich in den Bauch versetzt haben. Die Verletzten flüchteten, der 19-Jährige soll ihnen noch gedroht haben, dass er sie abstechen werde.

Polizei auf die falsche Spur gelockt

Die Ermittlungen der Polizei kamen erst spät in Gang. Und das sollen die beiden Verletzten zu verantworten haben. Denn sie sollen die Polizei auf eine falsche Spur gelockt haben.

Kurz nach der Tat hatten sie laut Anklage einen Freund telefonisch alarmiert, der sie zum St. Josef-Krankenhaus in Essen-Kupferdreh brachte. Dort halfen die Ärzte, informierten aber auch die Polizei. Denen tischten die Verletzten eine ganz andere Geschichte auf. Sie seien am Ruhrufer in Steele unterwegs gewesen und hätten dort einen unbekannten Mann nach einer Zigarette gefragt. Dieser habe abgelehnt und unvermittelt auf sie eingestochen.

Zunächst falschen Tatort genannt

Die Ermittler hatten danach das Ruhrufer in Steele abgesucht, Spuren fanden sie nicht. Erst die Hinweise einer Zeugin rückten dann den echten Tatort in Hattingen ins Zentrum der Ermittlungen.

Auf Frage von Richterin Karin Maiberg schweigt der Angeklagte am Montag zunächst. Er hat noch Redebedarf mit seinem Verteidiger Matthias Meier.

Mit Berufsausbildung gescheitert

Zur Person macht der nicht vorbestrafte Angeklagte aber Angaben. Er hat immer in Hattingen gelebt, wuchs bei seiner Familie auf, „die auch immer hinter mir stand“. Die Schule fiel ihm nach seinen Worten bis zum Realschulabschluss nicht schwer, doch im Berufsleben scheiterte er zweimal mit Ausbildungen. Er macht kein Hehl daraus, dass ihm oft die Arbeit zu schwer fiel, dass er sich eine leichte Tätigkeit gewünscht hatte.

Aber auch die Drogen, die er seit seinem 16. Lebensjahr eingenommen hatte und von denen er freimütig erzählt, dürften ihn von einer regelmäßigen Arbeit abgehalten haben. „Er redet hier ganz offen,“ sagt sein Verteidiger Meier zur Kammer und fügt hinzu: „Sie sollen ihn ja kennen lernen, wie er ist.“