Hattingen. Ein privater Investor plant im Schatten des Y-Hochhauses 36 Wohneinheiten. Die Politik billigt das Projekt mit Blick auf neun Sozialwohnungen.
In Welper sollen 36 neue Wohnungen entstehen. Trotz städtebaulicher Bedenken hat das Projekt eines privaten Investors eine breite politische Mehrheit gefunden. Der Haupt- und Finanzausschuss billigte den Beschlussvorschlag der Bauverwaltung, das Vorhaben nach Paragraf 34 Baugesetzbuch zu genehmigen – heißt: ohne das Aufstellen eines Bebauungsplanes.
Das verkürzt die Zeit bis zum Baubeginn um eineinhalb Jahre. Dass die in diesem Fall geplanten Wohnungen dringend benötigt werden und überdies neun der 36 neuen Unterkünfte als Sozialwohnungen entstehen, gab am Ende den Ausschlag für das positive Votum. Der Preis dafür: Die Stadt hat weniger Möglichkeiten, städtebaulich Einfluss auf die Gestaltung zu nehmen. Der Investor hat lediglich sicherzustellen, dass sich die neuen Baukörper „in das Bild der näheren Umgebung einfügen“.
Sozialer Wohnungsmarkt entwickelt sich dramatisch
Davon könne bei den drei geplanten Gebäuden mit drei, vier und fünf Geschossen keine Rede sein, meinten Vertreter mehrerer Fraktionen. Gilbert Gratzel (FDP) mahnte an, die Stadtteilqualität zu erhalten. Im Schatten des Y-Hochhauses dürfe auch ein fünfgeschossiger Bau kein Problem sein, entgegneten Befürworter wie Melanie Witte-Lonsing. „Wir benötigen gerade Wohnungen in dieser Größe dringend“, sagte die Sozialdemokratin. „Und das so schnell wie möglich.“
In der Tat entwickelt sich die Lage auf dem sozialen Wohnungsmarkt dramatisch. Aktuell stehen in Hattingen noch rund 1300 Sozialwohnungen zur Verfügung. Im Jahr 2025 werden es weniger als die Hälfte sein. Mehr als 670 Wohneinheiten fallen bis dahin aus der gesetzlichen Bindung. 380 Wohnungen werden dann allein in der Stadtmitte fehlen. Seit 1998 ist der Bestand öffentlich geförderter Mietwohnungen um mehr als 60 Prozent zurückgegangen. Modernisierungsmaßnahmen in Bestandsbauten verschärfen das Problem, weil die Mieten steigen.
25 Prozent Sozialwohnungen sind Pflicht
Der Ablauf der Bindungsfrist im privaten Wohnungsbau markiert nur eine Seite des Problems. Denn wie viele überschuldete Kommunen hat sich auch Hattingen zuletzt massiv von eigenen Sozialwohnungen getrennt. Aus eigener Kraft kann die Kommune also kaum gegensteuern. Einer der wenigen Hebel ist die politisch beschlossene Vorgabe, dass alle privaten Wohnungsbaivorhaben künftig eine 25-Prozent-Quote an Sozialwohnungen erfüllen müssen.
Das tut der Investor in Welper. Neun der 36 neuen Wohnungen sollen in sozialer Bindung vergeben werden.
>>> Stadt erzielt erstaunlich hohen Verkaufspreis
Ein Argument für den Verkauf des städtischen Grundstücks an den Investor ist das Areal selbst.
Die schmale und spitz zulaufende Fläche zwischen Heinrich-Heine-Weg und Käthe-Kollwitz-Straße sei nur eingeschränkt zu vermarkten, so die Bauverwaltung. In diesem Fall habe der Investor überdies „einen erstaunlich hohen Preis gezahlt“.