Hattingen. „Unsere-Kirche-2030“ beklagt einen Ausverkauf der Gotteshäuser im Bistum und in Hattingen. Der Pfarreientwicklungsprozess soll gestoppt werden.

Die Katholische Kirche verändert sich. Wie die einzelnen Pfarreien im Bistum Kosten sparen und zugleich pastorales Leben lebendig halten können, haben Menschen aus den Gemeinden im Pfarreientwicklungsprozess eruiert. Die einzelnen Ergebnisse, die so genannten „Voten“. wurden Bischof Overbeck vorgelegt. Nun steht Phase drei der Umstrukturierung an: die Umsetzung der Pläne. Ein Vorsatz, der viele Gläubige schmerzt: Auf lange Sicht sollen nur 91 von insgesamt 262 Kirchen im Ruhrbistum erhalten bleiben.

Verunsichert, bedrückt und mutlos

Das will der Initiativkreis „Unsere-Kirche-2030“ nicht hinnehmen. Die Gruppe will möglichst viele Kirchen retten – weil sie wichtig und „viele Gemeindemitglieder vor Ort verunsichert, bedrückt und mutlos sind“. Die Mitglieder des Initiativkreises haben eine Online-Petition aufgesetzt und sammeln Unterschriften (bisher rund 190) für ihr Motto „Kein Ausverkauf von Kirchen im Bistum Essen“. Ihr Ziel: „Wir wollen den Entwicklungsprozess jetzt stoppen, bevor irgendwann Verkaufsverhandlungen über Kirchen geführt werden. Wir fordern eine Zeit der Besinnung, in der die wirtschaftlichen Aspekte erneut geprüft werden“, sagt Hubert Kauker.

Denn, so die Meinung der Initiative: „Da wurde kurz vor Toreschluss mit heißer Nadel gerechnet.“ Die Finanzfragen seien zudem – anders als die typisch kirchlichen Inhalte – hinter verschlossenen Türen besprochen worden. Transparenz gebe es keine. „Die Pfarreien können bis heute keine Bilanzen vorlegen. Wir wissen zwar (ungefähr) über Einnehmen und Ausgaben Bescheid, kennen aber den Stand von Anlagevermögen oder Verbindlichkeiten nicht“, beklagt die Initiative.

Sachlichen Diskurs führen

Einen sachlichen Diskurs möchten die Mitglieder führen – ohne Tabus. Dass zwei Drittel der Kirchen nach und nach wegfallen sollen, sehen sie als „Betriebsunfall“ an. „Bei einer durchschnittlichen Kirchenanzahl von 6,3 pro Pfarrei gibt es überall nur zwei oder drei A-Kichen (erhaltenswert und mit Haushaltsmitteln aus der Kirchensteuer gestützt). Das kann das Bistum nicht gewollt haben“, schreiben sie auf ihrer Internetseite.

Die Initiative kritisiert auch, dass das Bistum nicht alle 42 Voten zugänglich macht, sondern nur eine Auswahl. Man selbst habe alle auf der eigenen Internetseite dokumentiert – ebenso einen Faktencheck zur Kirchensteuer. Kritik übt man an den Kirchenvorständen der Gemeinden: „Sie haben ziemlich kampflos die Prämissen des Generalvikariats übernommen.“

>>> Bistum: Es gab keine Schnellschüsse

Dass „zu wenig geredet“, eine „unheilvolle Entwicklung“ angehalten werden müsse – diese Meinung von Hubert Kauker teilt das Ruhrbistum nicht.

„Es ist lobenswert, dass sich eine private Initiative für die Zukunft unserer Kirchen einsetzt. Es ist schon eine große Zahl an Kirchen, die aufgegeben werden soll“, sagt Ulrich Lota, Bistumssprecher. Der Mangel an Priestern, der Rückgang an Gläubigen und finanziellen Mitteln zwängen leider dazu. „Bedenklich“ sei es, die Voten anzuzweifeln. „Man muss sie ernst nehmen. Meine Hochachtung gilt den vielen Haupt- und Ehrenamtlichen, die sich in den Gemeinden zweieinhalb Jahre intensiv Gedanken gemacht haben, auch über Wirtschaftliches. Da mussten schmerzhafte Dinge formuliert werden“, so der Bistumssprecher.

Schnellschüsse habe es nicht gegeben. „Da ist gerungen worden, nach bestem Wissen und Gewissen -- stets mit der Maßgabe: Wie können wir vor Ort Kirche bleiben.“

Jetzt alles anhalten, alles nochmal überdenken? „Nein, das halte ich nicht für sinnvoll. Irgendwann sind Entscheidungen gefallen, mit dem Ergebnis können viele leben. Und die Pläne sollten jetzt auch umgesetzt werden“, sagt der Bistumssprecher. Klar sei auch, dass der Prozess niemals abgeschlossen sein werde, die Voten nicht unveränderbar seien. „Manches wird sich umsetzen lassen, manches nicht. Das wird man sehen.“