HATTINGEN. . Andreas Gehrke und Olaf Jacksteit haben einst in Hattingens Haus der Jugend gearbeitet. Zum 50-Jährigen der Einrichtung blicken sie zurück.
Nach einem gemeinsamen Foto auf dem denkwürdigen Balkon des Hauses der Jugend, von dem Andreas Gehrke früher regelmäßig im Dezember eine mannsgroße Weihnachtsmannfigur herabbaumeln ließ, nehmen er und sein Kollege Olaf Jacksteit in der legendären Küche der Einrichtung Platz. Hier haben die zwei in den 1990er-Jahren regelmäßig mit Jugendlichen zusammen gesessen – und über deren Probleme gesprochen. Mit Freundschaft, Liebe, Sexualität, der Schule, den Eltern. Damals nämlich gehörten der Sozialarbeiter und der Sozialpädagoge zum pädagogischen Team des Hauses.
„Für viele Jugendliche waren wir und das Haus der Jugend wie eine Ersatzfamilie“, erinnert sich Gehrke an seine Zeit an der Bahnhofstraße 31b. Jacksteit nickt. Und fügt hinzu: „Im Haus der Jugend wird ja nicht nur Freizeitgestaltung betrieben, sondern auch ganz viel Beziehungsarbeit.“
Wie die Jugendlichen online gingen
Mitunter begegnen sie den früheren Jugendlichen dabei heute in ganz anderen Kontexten wieder. So sagt Gehrke, er lasse sein Auto inzwischen von einem Ehemaligen reparieren. Und Jacksteit erzählt, dass ihn neulich ein junger Mann gegrüßt habe: Mesut, ein Kurde, der als Zehnjähriger mit seinen Eltern nach Hattingen kam und kein Wort Deutsch sprach. Mit ihm habe er dann täglich Hausaufgaben gemacht und gepuzzelt, damit Mesut die deutsche Sprache erlerne. Inzwischen, so Jacksteit, habe Mesut sein Abitur und einen Job bei der Telekom. „Solche Lebensläufe machen schon stolz.“
Es sind Entwicklungen wie diese, über die sich Jacksteit und Gehrke freuen, ihren Beitrag geleistet zu haben. Gern blicken sie aber auch auf allerlei mit dem Haus der Jugend verbundene Anekdoten zurück. So erinnert sich Gehrke daran, wie die Stadt sich in den 1990er-Jahren gegen Internet-Surfen in der Einrichtung sträubte. Ein Experte hat dann einmal wöchentlich für ein paar Stunden die Telefonleitung im Haus ausgeschaltet. „In der Zeit sind die Jugendlichen online gegangen.“
Disco war ein Aushängeschild für die ganze Region
Nicht allzu lange Zeit später wurden im Haus der Jugend PC-Kurse angeboten, „die waren bei den Jugendlichen der Renner“, so Gehrke. „Das Haus der Jugend war ohnehin schon immer Trendsetter. Und das ist bis heute so geblieben.“ Auch das von ihm damals eingerichtete Fotolabor wurde bestens angenommen, die jährliche Nachtwanderung in den Sommerferien, bei denen ältere Jugendliche sich in Ungeheuer verwandelten und die Jüngeren erschreckten, habe eh’ niemand verpassen wollen.
Und die seit dem Umbau des Hauses der Jugend in den 1990er-Jahren top modern gestaltete Disco „war sogar ein Aushängeschild für die ganze Region“, so Jacksteit. Zwei Mal in der Woche habe es damals Tanzabende gegeben. Dienstags für die Älteren und samstags die Teenie-Disco Cash, für die Kinder für 50 Pfennige einen Ausweis mit Lichtbild und Stempel kaufen konnten.
Abteilungsleiter wünschte „Frohe Weihnachten“ – im März
So weit, so gut, Fehlt nur noch die Fortsetzung der Geschichte zum denkwürdigen Balkon: Einmal, verrät Gehrke da, habe er die auf diesem befestigte Weihnachtsmannfigur vergessen zu entfernen. „Im März hat uns dann der Abteilungsleiter geschrieben – und ,Frohe Weihnachten’ gewünscht.“
>>>> ZWEI EHEMALIGE DES HAUSES DER JUGEND
Sozialarbeiter Andreas Gehrke
arbeitete von 1989 bis 2006 im Haus der Jugend. Als Jugendlicher erlebte er dort zuvor unter anderem DJ Frank Caputo.
Sozialpädagoge Olaf Jacksteit war von 1993 bis 1999 in dem Haus beschäftigt. Auch er kannte es bereits als Besucher – vor allem kultureller Veranstaltungen.
>>> DER RUNDE GEBURTSTAG WIRD VIELFACH GEFEIERT
Mit einer Geburtstagparty anlässlich von 50 Jahren offener Kinder- und Jugendarbeit an der Bahnhofstraße 31 b beginnen an diesem Samstag, 23. März, die Jubiläumsfeierlichkeiten für Mitarbeiter, Besucher, Ehemalige und Freunde des Hauses der Jugend. Gefeiert indes wird dieses Datum das ganze Jahr über – „für jede Gruppe gibt es gewissermaßen eine eigene Jubiläumsparty“, sagt Cordula Buchgeister, der das Haus der Jugend als Leiterin der Abteilung Jugendförderung untersteht.
Am kommenden Samstag sind alle Interessierten und (ehemaligen) Besucher dabei eingeladen, sich im Haus der Jugend auf eine Zeitreise zu begeben. Ab 15 Uhr werden Hausgruppen und Ehrenamtler einen Einblick in ihre Angebote geben. Für ein buntes Rahmenprogramm, so das Veranstalterteam, dem auch die Vor-Ort-Kräfte Nadine Rosemeyer und Andreas Schmitt angehören, ist dabei gesorgt: mit Tombola, Photobooth, einer Ausstellung über die Hausgeschichte – und einer Prise Magie. Ab 19 Uhr beginnt dann die Jubiläums-Party, bei der die Anwesenden zu Buffet und kühlen Getränken alte Freunde wiedersehen, Geschichten austauschen und gute Musik mit vergangenen und aktuellen Hits genießen können. Erst heizt die Live-Coverband „stay2rock“ ein, anschließend Djane Dani P. Der Eintritt ist frei.
Und sonst? Lässt das Haus-derJugend-Team mit „Kunst und Brötchen“ am Sonntag, 14. April, eine Kultveranstaltung aus den 1990er-Jahren wieder aufleben. Von 11 bis 14 Uhr gibt es an jenem Tag an der Bahnhofstraße 31 b ein Revival: mit Frühstücksbuffet, kulturellen und musikalischen Beiträgen von den Gruppen „Er & ich“ und „WirSing“, die zu einem Mitmachkonzert einladen. Der Eintritt ist frei.
Weitere besondere Veranstaltungen im Jubiläumsjahr sind: ein Ferienflohmarkt am 13. Juli zusammen mit der Abteilung Jugendförderung, ein K-Pop-Tanzfestival am 19. Oktober (11-20 Uhr), ein Musical, das Einrichtungsbesucher demnächst mit Mitarbeitern der Music Factory erarbeiten. Geplante Aufführungstermine: 9. und 10. November. Und dann gibt es noch eins Konzert mit „Captain Disko“ am 6. April, 19 Uhr. Das ist aber bereits ausverkauft.