Hattingen. Die Stadt will den Netzbetrieb für 110 Millionen Euro an den Ruhrverband übertragen. Vertragspartner sind sich einig. Bürger werden informiert.

Der Ruhrverband will den Betrieb des Hattinger Kanalnetzes übernehmen. Seit 2016 führt die Stadtspitze Gespräche mit dem Essener Wasserwirtschaftsunternehmen. Inzwischen ist man sich einig geworden.

„Wir haben das intensiv vorangetrieben und von Wirtschaftsprüfern begleiten lassen“, sagt Frank Mielke. Der Kämmerer ist davon überzeugt, dass der Deal der Stadt Liquidität und enorm viel neuen Handlungsspielraum verschafft. 110 Millionen Euro würde die Stadt auf einen Schlag einnehmen, wenn das Geschäfts zustande kommt. Darüber hinaus könnte die Stadtkasse mit weiteren jährlichen Zahlungen rechnen. Überweisungen in jeweils sechsstelliger Höhe bis hin zu einer Million seien realistisch.

Die Stadt wäre komplett aus der Verantwortung

Darum geht es: Beim angestrebten Partnerschaftsmodell würde der Ruhrverband den Betrieb des Kanalsystems im gesamten Stadtgebiet übernehmen. Er wäre dann nicht mehr nur für die Reinigung des Abwassers zuständig, die zurzeit im Klärwerk Hattingen durchgeführt wird, sondern auch für die Ableitung des Wassers von den Häusern bis zur Kläranlage. Vorteile für die Stadt: Sie wäre komplett aus der Verantwortung, vor allem was die Unterhaltung der Kanäle angeht. Und behielte dennoch die Gebührenhoheit. Die Sätze würden für eine gewisse Zeit festgeschrieben, starke Anstiege seien ausgeschlossen, hieß es zuletzt.

Was der Ruhrverband auf Anfrage der WAZ jetzt bestätigt. „Wir garantieren, dass es in einem überschaubaren Zeitraum keine Erhöhungen der Abwassergebühren geben wird“, sagt Unternehmenssprecher Markus Rüdel. „Die Stadt Hattingen behält die Gebührenhoheit.“

Ruhrverband will Kerngeschäft ausbauen

Was genau dem Ruhrverband 110 Millionen Euro wert sind, erklärt Rüdel so. „Wir hätten dann Kanalnetz, Niederschlagssystem und Abwasserbeseitigung komplett in einer Hand. Das bringt enorme Vorteile bei Instandhaltung und Materialkauf. Und: Wir bauen damit unser Kerngeschäft der Siedlungswasserwirtschaft konsequent aus.“

Den Bürgerinnen und Bürgern will die Verwaltung das Geschäft bei einer Informationsveranstaltung im März erklären. Entscheiden soll der Rat der Stadt über den Deal noch 2019. Frank Mielke stellt die Inhalte jetzt in allen sechs Ratsfraktionen vor. Bei der SPD war er schon.

Paas sieht keinen Nachteil für die Stadt

„Wir haben zu unserer Faktionssitzung auch interessierte Parteimitglieder und Vertreter des Ruhrverbandes eingeladen“, sagt Fraktionschef Achim Paas. Die Debatte habe damit begonnen. Zurzeit könne er also nur seine persönliche Einschätzung wiedergeben.

Und die ist positiv. „Ich sehe keinen Nachteil für die Stadt. Wir sollten das machen“, sagt Paas. Dass die Verwaltung mit den 110 Millionen Euro den größten Teil der laufenden Kassenkredite ablösen will, trägt er ebenfalls mit. „Wir sollten die Summe nicht jetzt investieren, sondern künftigen Generationen mehr Gestaltungschancen geben. Zurzeit ist durch die vielen Förderprogramme übrigens auch für Schule und Bildung genug Geld im System.“