Hattingen. Die Randnotiz in einer Zeitung führt Theresia Albers 1919 nach Bredenscheid. Hier baut sie das Antoniusheim für lernbehinderte Mädchen auf.
Die Schwachen der Gesellschaft liegen ihr besonders am Herzen, ein Heim für lernbehinderte Mädchen, das ist der Lebenstraum von Theresia Albers. Ihr Problem dabei: Sie hat kein Grundstück dafür. Bis ihr Blick während einer Bahnfahrt auf eine weggeworfene Zeitung fällt. Sie sieht eine Randnotiz: Ein abgebrannter Bauernhof in Bredenscheid stehe zum Verkauf, liest sie – für die 47 Jahre alte Frau ist das ein Fingerzeig Gottes und die gedankliche Grundsteinlegung des Antoniusheims.
Im Jahr 1919 hat Theresia Albers die Zeitung gefunden, anschließend kauft die Seraphische Caritas das mehrere 100 Morgen große Stück Land. Die Gebäude werden instand gesetzt, das Heim errichtet und am 14. September 1924 eingeweiht. Zu Beginn arbeiten hier drei Schwestern und zwei Männer für die Landwirtschaft, doch schon nach kurzer Zeit ziehen 16 minderbegabte Mädchen ein. Später auch andere hilfsbedürftige Personen.
Regina Theresia Albers wird am 5. August 1872 in Dornheim im Sauerland geboren, sie hat sechs Geschwister, wird von ihren Eltern „Threschen“ gerufen. Die Familie ist ein uraltes Bauerngeschlecht. Sie lernt Erzieherin und Lehrerin, kommt im Jahr 1900 nach Dortmund und wird an mehreren kirchlichen Schulen eingesetzt.
Uneingeschränkte Unterstützung für alle
„Tragt mit ungebrochenem Mut die Flamme der göttlichen Liebe zu allen Menschen, mit denen euch euer Beruf zusammenführt“ ist ihr Leitspruch. Lange bevor es staatliche Fürsorgen gibt, kümmert sie sich um geistig behinderte Kinder und Jugendliche. Ihr Grundsatz: Kranke und Hilfsbedürftige uneingeschränkt unterstützen, ohne nach Herkunft, Glaubenszugehörigkeit oder Bildung zu fragen.
Zurück in Bredenscheid. Das Antoniusheim ist in Betrieb, doch es fehlt immer wieder Geld und vor allem die Akzeptanz bei den Bürgern. Zudem gibt es einen Rechtsstreit mit dem früheren Besitzer. Doch Theresia Albers geht unbeeindruckt ihren Weg und gründet im März 1926 die „Caritasschwestern vom göttlichen Kinderfreund“ – sie ist die Oberin und hat 17 Mitschwestern.
Ihr Zimmer ist der Treffpunkt des Hauses, es ist zugleich Pfortenzimmer und Esszimmer der Schwestern. Sie ist nie allein, hört sich geduldig die Sorgen und Nöte an, hilft mit Rat und Trost. Theresia Albers ist eine Ersatzmutter für die Kinder. Schon 1930 haben 40 Mädchen hier ein neues Zuhause.
Im Krieg bleibt das Antoniusheim verschont
Durch ihre offene, barmherzige Art kommen immer mehr Arme und hilfebedürftige Menschen nach Bredenscheid, ganz gleich ob Sozialdemokraten, Zentrumsleute, Kommunisten oder Nationalsozialisten – ihnen wird geholfen.
Mit der Machtübernahme der Nazis wird es schwierig. Von einem auf den anderen Tag ist das Leben der Anwohnerinnen in Gefahr: Geistig Behinderte stehen auf Hitlers „Euthanasie-Programm“ ganz oben – doch wie durch ein Wunder bleibt das Heim verschont.
Albers hat Ausstrahlung und Persönlichkeit
Theresia Albers’ Ausstrahlung, ihre Persönlichkeit bringt den „Caritasschwestern vom Göttlichen Kinderfreund“ immer größeren Zulauf, 40 und mehr Frauen arbeiten an der Hackstückstraße. Neben dem Mutterhaus baut die Schwesterngemeinschaft Filialen in ganz Westfalen auf und errichtet auch das Altenheim St. Josef.
Nach dem Krieg ist das Antoniusheim ein halbes Jahr ohne Wasser und Strom, trotzdem kommen aber immer mehr Schwache. „Mutter Theresia“, wie sie von allen genannt wird, hilft so gut sie es kann. Anfang 1949 stirbt sie dann an den Folgen einer Lungenentzündung. „Ihr Leben war Liebe“, steht auf ihrem Grabstein.
>> Prozess zur Seligsprechung in Gang gesetzt
Theresia Albers ist vor 80 Jahren am 21. Januar 1949 in Bredenscheid gestorben. Danach wird das Antoniusheim erweitert, in Haus Theresia umbenannt und heute von der Theresia-Albers-Stiftung verwaltet.
Im Jahr 2009 wird der Prozess zur Seligsprechung in Gang gesetzt. Die bisherigen Nachforschungen reichen dafür aber (noch) nicht aus. Nach Nikolaus Große wäre Albers die zweite seliggsprochene Hattingerin.