Hattingen. . Das Bochumer Angebot für 14- bis 21-Jährige, die auf der Straße leben, wird auch von Hattingern genutzt. Sie müssen sich an zwei Regeln halten.

Straßenkinder, junge Wohnungslose, Frühberber? Sozialarbeiter hören keinen Ausdruck davon gerne, weil man sofort an Berlin, Moskau, oder Rio denkt. Aber auch in Hattingen gibt es Jugendliche, die abends nicht wissen, wohin sie gehen sollen. Hilfe finden sie in der Notschlaf­stelle „Schlaf am Zug“ in der Nachbarstadt Bochum.

Die Notschlafstelle ist eine stationäre Einrichtung, die zur evangelischen Stiftung Overdyck gehört. Seit 2001 gibt es an der Castroper Straße acht Schlafplätze für Mädchen und Jungen in getrennten Räumen und Etagen. „Schlaf am Zug“ öffnet täglich – 365 Tage im Jahr – um 20 Uhr und muss bis um 9 Uhr morgens wieder verlassen werden.

Die Zahl der Nutzer steigt stetig – 2016 waren es 183

Voraussetzung für einen kostenlosen Schlafplatz in der Notschlafstelle ist, dass die Jugendlichen freiwillig kommen und sich an zwei Regeln halten: den Verzicht auf jede Art von Gewalt und Drogenkonsum – dazu gehört auch Alkohol – sowie Drogenhandel. Bis zu zehn Tage hintereinander können Jugendliche bedingungslos in der Notschlafstelle übernachten, dann beginnen Gespräche mit den Sozialarbeitern, und zwar verpflichtende.

Beeindruckend sind die Belegungszahlen der vergangenen 17 Jahre: Im Jahr 2001 haben 130 Jugendliche das Angebot genutzt. 2008 waren es schon 159 und 2016 sogar 183. Der Bedarf ist gestiegen. „Die Zielgruppe unseres Angebotes sind Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 21 Jahren, die ihren Lebensmittelpunkt auf die Straße verlegt haben“, sagt Jannine Düding, die Leiterin der Notschlafstelle.

Es gibt ein warmes Abendessen und ein Frühstück

Die Besucher der Notschlafstelle seien in 66 Prozent der Fälle männliche Jugendliche. „Sie sind hauptsächlich aus Bochum, oft aber sind auch Jugendliche aus umliegenden Städten bei uns. Einige kommen auch aus Witten und Hattingen“, sagt Jannine Düding.

Die Jugendlichen bekommen neben der Übernachtung auch ein warmes Abendessen und morgens ein Frühstück. Es besteht die Gelegenheit zum Duschen, zum Waschen der Wäsche, und es gibt eine Kleiderkammer. Dankbar sind die Mitarbeiter immer über Spenden: Geld und Kleidung, Hygiene- und Gesundheitsartikel. Weihnachten kamen auch Geschenke für die Jugendlichen an die Castroper Straße.

Petra Hiller, Leiterin und Vorstand der Stiftung Overdyck, betont: „Wer länger bleiben möchte, muss auch mithelfen, dass sich sein Leben ändert. Die Jugendlichen brauchen eine Perspektive für ein Leben nach dem Leben auf der Straße.“