hattingen. . NRW-weites Ampelsystem im Internet zeigt zwar freie Plätze. Sie sind aber rar und weit entfernt. Wohnungen fehlen, was den Aufenthalt verlängert.
Frauen und Kinder, die geschlagen werden, sehen im Ennepe-Ruhr-Kreis rot. Sie rasten nicht aus wie der Ehemann und Vater zu Hause. Die Farbe signalisiert ihnen vielmehr im Internet, dass das Frauenhaus sie nicht aufnehmen kann, weil es voll belegt ist. Was die Mitarbeiterinnen als unhaltbaren Zustand empfinden. Auf 70 Aufnahmen im Jahr für die 25 Plätze kommen mindestens ebensoviele Frauen, Mütter und Kinder, die abgewiesen werden müssen.
Sehr umfangreich ist das Deliktfeld Häusliche Gewalt nach Auskunft von Sonja Wever. Laut Pressesprecherin der Kreispolizeibehörde im Ennepe-Ruhr-Kreis zählen dazu nicht nur Straftaten mit körperlicher Gewalt (Körperverletzung, Totschlag, Mord) sondern auch sexuelle Gewalt (Vergewaltigung, sexuelle Nötigung) und psychische Gewalt (Nötigung, Stalking).
Mehr Straftaten mit Gewaltbezug
In Hattingen stieg die Anzahl der angezeigten Straftaten mit Bezug zur Häuslichen Gewalt von 2016 auf 2017 von 49 auf 77. Die Polizei schätzt, dass die Dunkelziffer vermutlich deutlich höher ist. Eine wichtige Rolle spiele das Anzeigeverhalten der Opfer. „Nur angezeigte Sachverhalte werden der Polizei bekannt“, so Sonja Wever. Vor diesem Hintergrund könne eine ansteigende Zahl der Taten als durchaus positiv angesehen werden, „denn es kann dafür sprechen, dass mehr Opfer Hilfe bei der Polizei suchen“.
Frauen und Kinder unterzubringen, ist schwierig. Freie Plätze gab es in Hagen, Köln, Dülmen, Bocholt oder Kleve. Vor Ort zeigte die Ampel auch am Sonntag rot. Das Haus wieder zu verlassen, ist ebenfalls schwierig, weil Frauen keine bezahlbare Wohnung finden. Sie müssen länger bleiben, länger Plätze belegen.
Finanzielle Schwierigkeiten
Auch finanziell wird es schwierig, weiß Marion Steffens. Einer der zwölf Plätze für Frauen und 13 für Kinder kostet 40 Euro am Tag. Frauen, die arbeiten und für deren Kosten nicht Jobcenter oder Sozialamt einspringen, müssen selbst zahlen. Je mehr Kinder die Frauen haben, um so teurer wird der Aufenthalt. Erschwerend kommt hinzu, dass Männer oft am Arbeitsplatz ihrer Frauen auftauchen. Kinder bekommen die Gewalt hautnah mit.
Die meisten Frauen, die Zuflucht im Frauenhaus suchen, sind zwischen 18 und 40 Jahre alt. Es gibt aber auch die Rentnerin, die dort Hilfe sucht. Sie kommen aus allen Schichten.
Dass die Landesregierung 50 neue Plätze schaffen will für Nordrhein-Westfalen sei ein erster Schritt, reicht aber nicht aus, sagt Marion Steffens. Denn landesweit gebe es zu wenig Plätze. Nicht nur die Zahl der Plätze entspreche nicht dem Bedarf. „Wir fordern auch die Ausstattung anzupassen und brauchen mehr Personal.“
<<<Freie Plätze auf einen Blick ersichtlich
Unter www.frauen-info-netz.de können sich Schutzbedürftige und Helfer seit einigen Jahren auf einen Blick im Internet informieren, wo in den mehr als 60 Frauenhäusern im Land gerade ein Platz frei ist. Zeigt ein Ort grün, ist das oft nur eine Momentaufnahme. Und das System verschafft zwar einen Überblick, ändert aber nichts an der Situation von zu wenig Plätzen. DasEN-Frauenhaus ist erreichbar unter: Tel. 02339/6292.