Hattingen. . Heiko Hendriks, NRW-Beauftragter für Heimatvertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler besucht Hattingen. Die Stadt ist von Zuwanderern geprägt.
Flucht, Vertreibung, Aussiedlung – ein Thema, das nie so aktuell war wie heute. Denkt man. Ist aber völlig falsch. Denn Wanderungsbewegungen aus unterschiedlichen Gründen gibt es schon seit Jahrhunderten. Auch in Hattingen. Auf Einladung des Heimatvereins kam am Dienstag Heiko Hendriks, vom Kultur- und Wissenschaftsministerium ins Bügeleisenhaus.
Er ist seit einigen Monaten Beauftragter der Landesregierung für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern. Mit vielen Mitstreitern auf lokaler Ebene arbeitet er an einer Erinnerungsoffensive wie die Stadt Hattingen auch, damit die Menschen begreifen, aus der Geschichte zu lernen.
Klärung der Rentenfragen schwierig
Darüber hinaus ist Hendriks aber auch für persönliche Belange der unterschiedlichen Gruppen da. Er will Lösungen auf politischer Ebene für Probleme finden, die sich wiederholen.
Einmal geht es da um die manchmal problematische Anerkennung von beruflichen Abschlüssen, um die Erhaltung der Kultur, die ja auch hier in Nordrhein-Westfalen weiter gelebt werden darf und soll und vielfach auch um Rentenfragen, die nicht gelöst sind. Denn anders als in früheren Jahrzehnten werden längst nicht mehr alle beruflichen Tätigkeiten und Arbeitsjahre im Ausland hier in Deutschland für die Rente anerkannt. „Da gibt es auf allen Gebieten viel Klärungsbedarf, individuell und auch auf politischer und Behördenebene“, sagt Heiko Hendriks.
Es gebe zum Beispiel Russland-Deutsche, die als Arzt gearbeitet hätten, hier aber als Krankenschwestern und Pfleger eingesetzt würden, weil die Qualifikation nicht dem deutschen Standard entspricht. „Da muss man gucken, ob man den Personen nicht mit Nachschulungen zumindest zu dem Stand verhilft, den sie auch früher hatten“, sagt Hendriks.
Hattingen ist von Aussiedlern geprägt
Das Ambiente des Bügeleisenhauses passte ausgesprochen gut zu dem Thema. Schließlich gibt es dort die Ausstellung über Vertreibung. Ein Thema, über das Museumsleiter Lars Friedrich vor dem Düsseldorfer Gast, Bürgermeister Dirk Glaser, Stadtarchivar Thomas Weiß und Heimatforscher Harri Petras einen kurzen Vortrag hielt. Hattingen, erklärte der Stadtarchivar, gebe es nicht in dieser Form, wenn nicht Flüchtlinge, Vertriebene und Aussiedler hier „angelandet“ wären.
„1962 hatte das alte Hattingen 30 000 Einwohner, von denen 10 000 Vertriebene waren. Prägnant auch Welper. 1843 lebten dort 243 Einwohner, 1910 hatte der Stadtteil 4000 Bürger. Die Fragen waren damals dieselben wie heute: Wo bringen wir die Flüchtlinge unter, wie können sie Arbeit finden, wie schaffen wir es, sie zu integrieren“, schilderte Thomas Weiß die immer gleichen Situationen über die Jahrzehnte und Jahrhunderte. „Ich versteh’ gar nicht, wieso dieses Thema immer noch ein Aufreger ist und man nicht gelassen damit umgeht. Es war doch nie anders“, sagt er.
Vor allem die vergangenen 70 Jahre seien gekennzeichnet gewesen von Flucht und Vertreibung. Die erste Welle sei in den 1950er Jahren gekommen. „In den 60er Jahren kamen die Ostpreußen und die dritte Welle kam nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989 bis 1993. „Die meisten dieser Gruppen sind aber auffällig unauffällig“, betonte Hendriks immer wieder.