hattingen. . Bernd Czerwinski wässert Geranien, Buntnesseln und Tagetes. Stadtbetriebe-Mitarbeiter tankt täglich 12 000 Liter. Gerät ist wintertauglich.
Erstaunt und neugierig dreht sich eine Touristin im St.-Georgs-Viertel um: Was ist das für ein Geräusch? Sie schaut, lächelt, zückt ihr Handy für ein Foto von dem kleinen, aber kraftvollen Fahrzeug, das in der Innenstadt unterwegs ist, um just in diesem Augenblick die Sommerblumen auf der städtischen Grünfläche neben der Bäckerei Nieland zu wässern.
Herr über den Pendelarm mit der Gießbrause ist heute Bernd Czerwinski (48), der sich amüsiert „Mädchen für alles“ nennt. Die Gießbrause steuert er vom Wagen aus, kann sogar individuell die Wassermenge einstellen. „Aber zu hoch darf sie nicht sein, sonst ist das für die Pumpe fast zu viel.“ Gut zu tun hat er damit, den Durst der Blumen in den städtischen Beeten von Niederwenigern bis Blankenstein zu stillen.
Aufpassen in Kurven
2000 Liter Wasser fasst der Tank des schmalen Diesel-Fahrzeugs. Das Wasser holt sich Czerwinski in der Engelbertstraße ab, fährt dann zum Einsatzort. Die Tour ist lang – sechs Mal muss er in der Regel Wasser tanken, damit Geranien, Buntnesseln und Tagetes nicht darbend ihre Blätter und Blütenköpfe hängen lassen.
Zwei Tonnen wiegt der Tank, vier das Fahrzeug, das ein wahres Schlagloch-Finde-Wunder ist. Selbst die kaum sichtbaren Huckel „kenne ich inzwischen auf den Straßen und versuche, sie zu umfahren“. Denn ab und an hebt der Fahrer sonst auch schon mal auf dem Sitz ab. Und in den Kurven oder auf schrägen Flächen muss Czerwinski aufpassen: Denn das Gefährt ist zwar schmal, aber hoch, könnte Schlagseite bekommen. Angenehm sind die großen Glastüren bis zum Fahrzeugboden für gute Sicht. „Im Sommer wird es hier drin aber ganz schön heiß“, weiß er aus leidvoller Erfahrung.
Jugendliche weichen nicht aus
Ist er auf Tour, erlebt er so manches. Bürger beispielsweise, die ihm einen Vogel zeigen, wenn er bei leichtem Regen dennoch gießt. „Aber oft dröppelt das nur, das reicht nicht für die Blumen. Und unter den Bäumen kommt der Regen erst recht nicht an“, berichtet Czerwinski.
Fährt er den mehrere Meter langen Pendelarm aus, dann dreht der Motor hoch. Das ist deutlich zu hören und erntet manchen Blick. Czerwinski muss zum Gießen auch über Bürgersteige und durch enge Gassen. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen ihn wahrnehmen – aber nicht ausweichen, ihn ignorieren. In aller Seelenruhe laufen drei Jugendliche quer über den Bürgersteig einfach weiter. Daran ist er gewöhnt. Und auch daran: „Wenn es im Sommer ganz heiß ist, dann fragen mich Kinder oder Erwachsene schon mal, ob sie sich mal unter die Brause stellen können.“
Nein gesagt hat er da noch nie. Und so mancher Gast in den Cafés der Innenstadt profitiert bei schwülen Temperaturen von der Frische, die das Gießen der Beete mit sich bringt.
Und was macht das schnuckelige Blumengießfahrzeug im Winter? Es widmet sich dem Schnee. Denn es ist ein Tausendsassa, lässt sich umrüsten: Der Wassertank weicht einem Streubehälter, der Pendelarm mit Gießbrause einem Schneeschieber – und schon werden die Bürgersteige geräumt.