Familien und Nachbarn, Straßengemeinschaften und Vereine versammeln sich ums traditionelle Feuer. Die WAZ-Reporter fahren „immer dem Rauch nach“.

Hattingen und die Osterfeuer. Weithin sichtbar sind auch in diesem Jahr unzählige weiße Rauchschwaden. Fotograf Walter Fischer und ich sind an diesem Abend nicht an den großen Feuern mit Tausenden von Besuchern interessiert, sondern an den kleinen, gemütlichen, zu denen sich Familien, Nachbarn, Gemeinschaften oder Vereine in lauschiger Runde treffen. Unter dem Motto „Immer dem Rauch nach“ machen wir uns auf die Suche …

… und landen in Holthausen. An einem Hanggrundstück am Salzweg haben sich 20 Damen und Herren um das Wärme spendende Feuer versammelt. „Das Osterfeuer organisieren wir schon ewig“, berichtet Ursula Niederdräing. Seit die Feuer in privater Runde nicht mehr erlaubt sind, tritt der Minigolfclub Felderbachtal als Veranstalter auf. Ein Tischgrill verrät, dass im Laufe des Abends noch knusprige Würstchen und saftige Spare-Ribs auf den Teller kommen; rund um den Klapptisch stehen prall gefüllte Einkaufskörbe mit Baguette und selbst gemachten Salaten und Soßen. Einzig den kleinen Nick scheint das alles nicht zu interessieren. Kein Wunder, der jüngste Gast des Osterfeuers in Holthausen ist gerade einmal elf Wochen alt und liegt, zufrieden mümmelnd, in Mamas Arm.

Bei Schnee kommt nur der harte Kern an den Salzweg

Das Feuer knistert, während ich mich mit Ursula Niederdräing unterhalte. „Das Holz stammt von unserem Walnuss-Baum, den wir zurückschneiden mussten, weil er zu nahe ans Haus wuchs“, erzählt sie. Knapp sechs Monate hatte das Holz Zeit, um zu trocknen. „Das Feuer brannte auch sofort an“, sagt Niederdräing. Selbst der kräftige Regenschauer in der Nacht zuvor konnte dem Brennstoff nichts anhaben. Überhaupt das Wetter – ein Thema für sich. „Wir haben auch schon bei Schnee und Minusgraden gefeiert. Da kam dann aber wirklich nur noch der harte Kern“, erinnert sich Ursula Niederdräing.

Pferdekutsche an der Ruhrbrücke

Auch in der Stadtmitte prasselt anheimelnd ein Osterfeuer. Es duftet nach deftigen Grillspezialitäten und Kinder johlen ausgelassen, als Walter und ich das weitläufige Areal an der Ruhrbrücke betreten. Auf einer Wiese stapelt sich meterhoch das Brenngut, das Aloys Weinand mit ruhigen Bewegungen ins Feuer legt. „Das Astwerk sieht mehr aus, als es ist. Das ist auch gleich heruntergebrannt“, antwortet er, als ich ihn frage, wie lange das Feuer in Anbetracht des immensen Holzvorrats brennen soll. Auch Aloys Weinand hat bereits im vergangenen Herbst das Material für das „Osterfeuer 2018“ der Nachbarschaftsgemeinschaft Schleusenstraße gesammelt. „Das Holz stammt von den Bäumen hier im Garten. Ohne regelmäßigen Beschnitt werden sie einfach zu mächtig“, erklärt er.

Früher habe man direkt an der Ruhr gefeiert, vergegenwärtigt Aloys Weinand: „Als meine Tochter dann dieses Grundstück erwarb, hat sich das Osterfeuer verlagert.“ Das großzügige, idyllische Anwesen samt stillgelegtem Linienbus und einer rustikalen Pferdekutsche ist nicht nur für die vielen jungen Gäste – allen voran Weigands Enkel Felix, Nick, Paul und Jonas – ein unvergleichliches Paradies zum Spielen und Toben.

30. Mal Osterfeuer am Homberg

Als wir stadtauswärts fahren, fällt uns eine besonders hohe weiße Rauchsäule auf. Da müssen wir hin! Am Homberg tönen Die Toten Hosen aus der Box einer Stereoanlage, fröhlich spielen Kinder mit großen und kleinen Hunden oder halten, wie die achtjährige Zoé, den selbst gefertigten Pizzateig an langen Stöcken ins Feuer. Der Carport, für diesen Anlass geschmackvoll österlich geschmückt und mit bequemen Gartenmöbeln und weiß eingedeckten Stehtischchen ausgestattet, bietet den kleinen und großen Osterfeuer-Besuchern auch im Falle eines Regengusses Schutz. Uwe Ziemann organisiert, gemeinsam mit Nachbar Volker Sentner, bereits zum 30. Mal das Osterfeuer, zu dem sich neben Familie und Freunden auch fast alle Anlieger der Straße eingefunden haben. Dieses Jahr sind es rund 50 Gäste. „Wir kümmern uns ums Essen und die Getränke bringt jeder selbst mit“, schildert Ziemann. So hält es die Gemeinschaft auch mit dem Holz fürs Osterfeuer. „Jeder, der einen Garten hat, bringt Material mit“, ergänzt er.

Vor zwei Jahren hielt die Veranstaltung am Homberg sogar die Freiwillige Feuerwehr in Schach. „Das Feuer war wohl etwas zu groß, so dass jemand den Löschzug alarmierte. Die ganze Straße war voll mit Feuerwehrautos“, fällt Uwe Ziemann in diesem Zusammenhang ein. Rückblickend kann er darüber milde lächeln und zeigt durchweg Verständnis für die strengen, behördlichen Auflagen: „Natürlich muss es für die Feuerwehr überschaubar bleiben.“ So ist auch das Feuer am Homberg in diesem Jahr „übersichtlich“.

Der Commander aus dem Wodantal

Unsere letzte, zufällige Station an diesem Abend: das Wodantal. Das schöne, rotgoldene Flammenbild des Osterfeuers und der Klang von Gitarren weckt unser Interesse. Wir stapfen durch den tiefen, vom Hagel des Vorabends aufgeweichten Boden und kommen an einem Traktor vorbei, der nicht nur wegen seiner himmelblauen Farbgebung, sondern vor allem wegen seiner ungewöhnlichen Ladung auffällt: kastenweise sind darauf Getränke deponiert.

„Der Commander kommt in die Zeitung“, ruft einer der Gäste, während uns Peter Schweihoff in einer olivgrünen Kombination – am rechten Oberarm prangt unübersehbar eine weiße Binde mit der Aufschrift „Ordner“ – und einem Hut á la Crocodile Dundee entgegenkommt. „Sonst stehen hier unsere Lamas auf der Weide“, informiert er und grinst schelmisch. Schweihoff und seine Ehefrau Annette haben vor sechs Jahren die alte Villa am Eingang des Wodantals erworben und liebevoll renoviert; seit dieser Zeit entzündet man auf der Wiese unterhalb des weißen, prunkvoll wirkenden Gebäudes jedes Jahr das Osterfeuer. Rund 80 Personen haben sich diesmal eingefunden, genießen delikate Gyros-Suppe und appetitliche Bratwürste sowie das abwechslungsreiche Musikrepertoires des Gitarrenensembles Vielsaitig, das von Beatles-Klassikern bis zur schottischen Volksweise reicht.