Hattingen. In Hattingen regiert an dem Tag ohne öffentlichen Nahverkehr die absolute Gelassenheit. Viele haben Verständnis, dass mehr Geld gefordert wird.

Irgendwie scheint an diesem Dienstag in Hattingen die Zeit still zu stehen. Nur wenige Busse kann man sehen, klar, drei Verkehrsbetriebe werden bestreikt. Aber auch nach einer halben Stunde am Busbahnhof ist von Taxis keine Spur. Nichts.

Die wenigen Busse, die ankommen, halten nicht an den üblichen Rampen, sondern auf der gegenüberliegenden Seite. „Dienstfahrt“ ist zu lesen. Von Fahrt kann man aber nicht reden, sie halten einfach an und fahren nicht mehr weiter.

Einige Schüler stehen frierend, griesgrämig und wortlos auf der Haltekante. Ja, Verständnis hätten sie schon für den Streik, aber es nerve trotzdem. Der 141er, der ja an diesem Streiktag fährt und gegen 13.30 „anlanden“ soll, kommt einfach nicht. Die Jugendlichen, die nach Hause wollen, um etwas Warmes in den Magen zu bekommen, sind sichtlich genervt. Ganz anders dagegen eine Dame, die völlig entspannt auf einer Bank auf dem Bussteig sitzt. Auf welchen Bus sie wartet? „Auf gar keinen. Ich wohn’ hier direkt nebenan, genieße die Sonne und gucke mir die Leute hier an. Da gibt es immer was zu sehen. Ab und zu kann man mal ein Quätschken halten, ich mach das öfter. Aber am Freitag, da muss das hier wieder laufen, da will ich nämlich wegfahren mit dem Bus. Aber das wird schon“, orakelt die gut gelaunte Sieglinde Zastrau (77). „Sieglinde, wie die Kartoffel“, erklärt sie die Schreibweise. Dass und warum gestreikt wird, weiß sie so gut wie alle anderen Wartenden. „Gut, sechs Prozent find’ ich ein bisschen happig, aber dass die streiken, kann ich verstehen.“

Geduldig in der Sonne wartet auch Andreas Kösling. „Wir ziehen jetzt hier den Joker“, sagt der 54-Jährige, der heute einen freien Tag hat und nur zum Einkaufen in die Stadt kam. „Ich hab bei dem Wetter einen echten Treffer gelandet“, freut er sich. Den Streik findet er in Ordnung. „Es wird doch alles teurer, Miete, Kranken- und Rentenversicherung. Ich habe mich heute Morgen mit einem unterhalten, der streikt. Ich hab’ volles Verständnis.“