Hattingen. . Ian Bray arbeitet als Erzieher in Hattingen. Damit war er vor zehn Jahren eher ein Exot und ist es noch heute.

Vor 35 Jahren, als Ian Bray den Beruf des Erziehers ergriff, war er eher ein „Exot“. Fast allein unter Frauen saß er in der Ausbildung. Aber das Team, in dem er noch heute arbeitet, habe nie kurios reagiert. Eher Freunde oder Verwandte machten sich Gedanken, warum er als Mann diesen „Frauenberuf“ ergriff. Heute hat der zweifache Familienvater längst einen Kollegen im Team. „Der Beruf ist ja auch finanziell attraktiver geworden“, sagt der 58-Jährige. „Mangelware“ – wie die WAZ vor zehn Jahren schrieb, seien männliche Erzieher wohl nicht mehr, aber noch immer sind in dem Beruf die Frauen in der Mehrzahl.

So ganz nebenbei bemerkt, hat der in England geborene und bis zum Jugendalter dort aufgewachsene Mr. Bray jetzt die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. „Aus Protest gegen den Brexit“, sagt er. Jetzt hat er zwei Pässe und kann sich auch dauerhaft problemlos in beiden Ländern bewegen, hofft er.

Englisch in der Kita

Ob er als englischer Muttersprachler den Kindern in der privaten Kita Wolkenzimmerhaus Englisch beibringen solle, sei tatsächlich mal Thema gewesen. „Wir haben aber letztendlich davon abgesehen, weil es ja immer ein Team sein muss, das mit den Kleinen Englisch spricht“, sagt er.

Spaß macht ihm seine Arbeit nach wie vor. „Ich finde es ganz spannend zu sehen, wie Kinder sich entwickeln.“ In der Regel kommen die Kleinen im Alter von ungefähr einem Jahr in die Einrichtung. „Wir wollen, dass sie eine gute Eingewöhnungsphase haben. Mitzuerleben, wie auch die ganz Kleinen die Welt entdecken, was für ein Selbstbildungspotenzial sie haben, ist einfach toll.“

Kein Unterschied zwischen Männern und Frauen

Eine Frage, die immer wieder gestellt wird: „Geht ein Erzieher anders mit Kindern um als eine Erzieherin?“ Nein, sagt Ian Bray, zumindest dann nicht, wenn er im Beruf sei. „Privat könne es wohl zutreffen, dass Männer viel mehr mit Kindern toben und mit Aufräumen keinen Vertrag haben.“ Das könne auch männlichen Berufsanfängern passieren. Einen Unterschied zu seinen weiblichen Kollegen sieht er nicht.

Wenn es mit den Kleinen in die Turnhalle gehe, werde natürlich oft getobt. „Das machen aber meine Kolleginnen genauso“, sagt der gebürtige Engländer. Die Elterninitiative hat ein klares pädagogisches Konzept. Toleranz, Rücksicht, Selbstvertrauen und Verantwortungsbewusstsein sollen die Kinder lernen, damit sie nachher in der Gesellschaft gut zurechtkommen. „Und, weil wir wissen, wie schwer und anstrengend es ist, konsequent zu sein, begegnen wir den Kindern natürlich auch in dem Punkt geradlinig.“ Herbert Knebel habe einmal gesagt, Kinder brauchten eine Leitplanke, an der sie langschrappen können. Genau das sei wichtig, ist der Erzieher überzeugt.

Lernen, mit Frustration umzugehen

Auch, wenn jeder Mitarbeiter seinen eigenen Charakter habe, sei man sich in der Grundpädagogik einig. „Kinder müssen zum Beispiel lernen, mit Frustrationen umzugehen. Es ist wichtig, damit auch das Gehirn solche Erfahrungen abspeichert und die Kinder vor allem lernen, dass die Welt nicht untergeht, wenn man mal verliert. Beim nächsten Mal gewinnt man eben wieder.“

Das Wolkenzimmerhaus will Kinder für den Alltag widerstandsfähig machen. Dieses Konzept sei ihm und seinem Team wichtig. „Wir haben hier zum Glück nicht viel Fluktuation, so dass wir die meisten Kinder bis zum Beginn der Schulzeit begleiten können.“ Auf diese Weise könnten die Kleinen stark gemacht werden, so dass sie als selbstbewusste, kleine Persönlichkeiten die Schule beginnen können.

>>> Fünf Männer arbeiten in erzieherischen Berufen

In den städtischen Bereichen Kita und Offener Ganztag (OGS) sind circa 130 Personen in erzieherischen Berufen beschäftigt. Zwei Männer in Kitas, zwei weitere Männer in der OGS und ein Auszubildender.

Im Verein Wolkenzimmerhaus gibt es seit Jahren zwei Erzieher. Der Verein wurde 1991 von Eltern gegründet. 40 Kinder werden von einem zehnköpfigen Team betreut.