Hattingen. . Ab April wird bei Neuwagen „eCall“ Pflicht. Die Retter sind auf Notrufe vorbereitet. Bei Hattinger Händlern gibt es die Zusatzausstattung schon.
Ein Auto fährt gegen einen Baum – mitten im Nirgendwo. Der Fahrer – bewusstlos. Die Straße – menschenleer. Bis jemand den Unfall bemerkt und die Rettungskräfte alarmiert, vergeht wertvolle Zeit. Zeit, die der Verletzte nicht hat. Mit „eCall“ soll sich genau das ändern. Ab dem 31. März 2018 muss das automatische Notrufsystem in alle neuen Automodelle eingebaut werden. Die Feuerwehr hat sich auf automatische Notrufe vorbereitet.
Der Begriff „eCall“ ist die Abkürzung für Emergency Call, also Notruf. Bei einem Unfall setzt das Auto, mithilfe einer eingebauten SIM-Karte, einen Notruf an die Nummer 112 ab. Dieser ist in der gesamten EU kostenfrei. Beim Notruf wird auch eine Sprachverbindung hergestellt, falls der Fahrer noch ansprechbar ist. Gleichzeitig gibt das Fahrzeug wichtige Daten für die Rettung, wie die Koordinaten des Unfallortes, den Unfallzeitpunkt und die Fahrtrichtung an die Einsatzkräfte weiter. Der Notruf kann auch manuell ausgelöst werden.
Leitstelle der Feuerwehr ist vorbereitet
Bei der Kreisleitstelle der Feuerwehr ist man auf die „eCall“-Notrufe vorbereitet. Um die Notrufe verarbeiten zu können, hat die Leistelle neue Technik angeschafft. „Die ist jetzt voll arbeitsfähig“, sagt Marc-Daniel Koch vom Lagedienst der Leistelle. Die Reaktion auf den „eCall“ funktioniere genau wie beim normalen Notruf, es sei nur ein anderer Übermittlungsweg.
Eine Rettungsgarantie bietet das „eCall“-System nicht. Ohne eine Mobilfunkverbindung kann das Auto keinen Notruf absetzen. Auch wenn es in Deutschland fast flächendeckend Mobilfunknetz gibt, schützt das nicht vor Funklöchern. Außerdem äußern Datenschützer ihre Bedenken. Sie fürchten, dass die Unfall-Daten abgegriffen werden. Die EU versichert, dass alle Informationen für keine anderen Zwecke genutzt werden.
Bedenken wegen Fehleranfälligkeit
Damit hat Stefan Strickerschmidt kein Problem. „Die haben schon so viele Daten von mir, da stört mich das bisschen mehr nicht“, sagt der Berufsschullehrer für Fahrzeugtechnik. Er findet es positiv, dass durch das System überhaupt auf einen Notfall reagiert werde.
Trotzdem gebe es aus seiner Sicht auch Gegenargumente. Zum einen seien Autos ohnehin schon mit zu viel Technik überfrachtet. Zum anderen hätten neue Systeme am Anfang viele Fehler. Er fährt selbst ein Auto mit automatischer Müdigkeitserkennung, die häufig fehlerhaft sei. Aber: „Wenn das „eCall“-System läuft, ist es ein toller technischer Fortschritt.“
Auswirkungen auf Autopreise noch nicht bekannt
Im Moment bieten viele Autohersteller die Möglichkeit, das System als Zusatzausstattung bei bestimmten Modellen dazu zu kaufen. Für kompatible VW-Modelle koste das Notrufsystem 329 Euro für zehn Jahre, sagt Matthias Mosig, Verkaufsberater im WH Autozentrum Hattingen. Das so genannte „Security & Service“-Paket beinhalte aber nicht nur „eCall“, sondern auch einen Pannen-Notruf und Einsicht in den Fahrzeugstatus über das Internet.
Ob und wie sich die Preise für neue Modelle mit der „eCall“-Pflicht ändern könnten, darüber haben die Hersteller noch keine Aussage getroffen. Mosig: „Ich könnte mir aber vorstellen, dass das im jährlichen Preisanstieg mit berücksichtigt wird.“
>>> Alternativen zu „eCall“ zum Nachrüsten
- Das „eCall“-System kann nicht nachgerüstet werden. Es gibt allerdings ähnliche Alternativen wie Unfall-Melde-Dienste (UMD), die unter anderem von Autoversicherungen angeboten werden.
Dafür wird ein spezieller Stecker, der über den Zigarettenanzünder mit Strom versorgt wird, ein bluetoothfähiges Handy und die passende App benötigt.
In dem Stecker befinden sich die Sensoren, die sonst mit dem „eCall“-System im Auto verbaut werden. Sie messen die Abbremsgeschwindigkeit und die Rotation um die eigene Achse.
Bei einem Unfall löst dann die App den Notruf aus. Dazu muss das Handy allerdings über Bluetooth mit dem Auto verbunden sein.