Hattingen. . Kostümierte übernehmen auf Zeit die Macht im Ratssaal und bieten ein eineinhalbstündiges, kurzweiliges Programm mit Tanz, Büttenrede und Musik.
Giraffen, Clowns, ein Zwerg mit der Aufschrift „Ich bin Nummer 6“, Prinzessinnen und Prinzen stehen vor der Rathaustreppe. „Wir haben noch drei Minuten“, ruft Thomas Kohl vom Aktivenkreis Holthauser Rosenmontagszug der Menge zu, „singt doch noch mal was.“
Das lassen sich die Karnevalisten an Altweiberfastnacht nicht zweimal sagen und singen bei strahlender Sonne – bis die Zeit reif ist fürs „Runterzählen“: 3, 2, 1 – es ist 11.11 Uhr und mit Jubel entreißen drei närrische Prinzenpaare Kämmerer Frank Mielke, dem ein Pfeil scheinbar den Kopf durchbohrt hat, den riesigen Rathausschlüssel für den Machtwechsel auf Zeit.
Stadtspitze lässt sich die Macht entreißen
Hilflos müssen die Beigeordnete Christine Freynik im Kittel und mit Lockenwicklern, die neckisch behütete Fachbereichsleiterin Barbara Vogelwiesche und Hattingen-Marketing- Geschäftsführer Georg „Popeye“ Hartmann zusehen.
Rauf geht’s in den Ratssaal, die Prinzenpaare besetzen die Plätze der entmachteten Stadtspitze. Bürgermeister Dirk Glaser bekommt sein Fett weg, weil er sich dem Karneval entzieht. „Eine Familienfeier“, entschuldigt Freynik zum Beginn des Programms.
Ganze Abteilung kommt als Sträflinge verkleidet
Das sieht sich auch Stadtmitarbeiterin Jessica Epple (46) aus der Abteilung Personal - und Organisation von der Tribüne aus an – mit Kollegen. Alle sind als Sträflinge verkleidet. „Das ist aber kein Hinweis, dass wir uns bei der Arbeit so fühlen. Ich hatte die Kostüme noch“, sagt Epple. Und blickt wieder hinunter.
Mit dem Steigerlied marschieren die Solo-Tanzmariechen und später die Tanzmariechen der Ruhrölften ein. Sie zeigen wie zuvor ihre Kolleginnen vom Aktivenkreis Hochleistungssport. Die Zuschauer stehen und klatschen mit. Strahlen auf die Gesichter zaubert die Minigarde des Aktivenkreises. „Wir haben im vergangenen Jahr bei den Tanzmariechen etwas verändert und jetzt auch eine Minigarde für die Jüngsten“, sagt Thomas Kohl. Zwei neue Trainerinnen sind dabei. Das Tanz-Duo kann nicht auftreten: „50 Prozent sind leider derzeit krank“, erklärt Kohl.
Meerjungfrauen-Gruppe sticht mit Kostümen ins Auge
Thomas Behling – der auch die Schlüsselübernahme moderierte, weil Ingrid Scheller das in diesem Jahr nicht übernehmen konnte – reimt in der Bütt als Tommi vom Taxi 110 Taxifahrergeschichten. Der Hattinger Fanfarenzug Rot-Weiß spielt von der Tribüne aus auf.
Die Meerjungfrauen-Gruppe sticht ins Auge mit fantasievoll selbst gestalteten Kostümen. „Normalerweise tragen wir darunter Röcke, wegen der Kälte aber heute Hosen“, sagt Bettina Krelaus (54), die sich wie Katja Födisch (42) und Heike Breidenbach (49) eigens Urlaub genommen hat. Vor drei Jahren war die Gruppe in diesen Kostümen beim Karneval in Venedig.
Jüngster Karnevalsfan ist gerade eben ein Jahr alt
Jüngster kostümierter Karnevalsfan im Saal ist Penelope Klara (1) – als arabische Tänzerin verkleidet ist sie mit Papa Benjamin Durek (36) von der Ruhrölften da. Ihre Mama ist mit anderen Damen der Familie zum Feiern in Köln. Und kann später darum nicht mit in die WAZ-Redaktion zur Karnevalssause, zu der WAZ-Lokalchef Ulrich Laibacher die Jecken begrüßt.
Die Pustefix-Dosen-Damen Karina Rüttgers (55), Eleonore Klois (55) und Bettina Krummsdorf (50) schwitzen in ihren Kostümen. Acht Stunden hat Rüttgers daran gearbeitet. „Abends geht’s im Odeon weiter, dann im Teebeutel-Kostüm, das ist nicht so warm“, sagt Rüttgers.