Hattingen. . Naturschützer sind entsetzt über den Freischnitt am Regenrückhaltebecken im Henrichspark. Die Stadt will damit Überschwemmungen verhindern.

Der Naturschutzbund (Nabu) in Hattingen ist entsetzt: Der Brutplatz von zwei in Hattingen sehr seltenen Vogelarten sei durch die Stadt zerstört worden, berichtet Jürgen Hendricks vom Nabu. Die Stadt verteidigt ihre Maßnahme. Sie strebt aber künftig eine bessere Zusammenarbeit mit den Naturschützern an.

Die Klappergrasmücke verliert durch den Kahlschlag einen wichtigen Nistplatz.
Die Klappergrasmücke verliert durch den Kahlschlag einen wichtigen Nistplatz. © DPA, Wermter

Ende des vergangenen Jahres hatte die Stadt rund um das Regenrückhaltebecke gegenüber des Industriemuseums Henrichshütte das Grün beseitigt. „Im Laufe der Zeit hatte sich hier eine attraktive Vegetation entwickelt“, sagt Hendricks. „Mich traf der Schlag, als ich von dem Verlust dieses wertvollen Vogel-Lebensraums erfuhr. Der letzte uns bekannte Brutplatz des Gelbspötters in Hattingen und einer von nur noch drei Brutplätzen der Klappergrasmücke sind zerstört.“ Beide Vogelarten seien im Ruhrgebiet nur noch relativ selten zu beobachten. „Wenn sie ihren Nistplatz verlieren, sind sie weg“, fürchtet der Naturschützer.

Maßnahme dringend notwendig

Solveig Holste, Fachbereichsleiterin Stadtbetriebe, begründet den Radikalschnitt: „Wir mussten aus Gründen der Sicherung der Abflussfähigkeit dieses Mal einen konsequenten Rückschnitt machen.“ Auch Büsche und Bäume wurden deshalb gekappt. Jahrelang sei hier nichts passiert, die Maßnahme deshalb dringend notwendig gewesen, um Überschwemmungen zu verhindern. Dabei habe man für den Rückschnitt extra den Winter gewählt – also außerhalb der Brutzeit, betont Holste.

Der Gelbspötter brütete nur noch am Regenrückhaltebecken im Henrichspark.
Der Gelbspötter brütete nur noch am Regenrückhaltebecken im Henrichspark. © DPA, Varesvuo

Da es sich um einen normalen Pflegerückschnitt an einer abwassertechnischen Anlage gehandelt habe, sei auch kein Gutachten über möglicherweise bedrohte Arten nötig gewesen. Das fordere die Stadt aber immer dann an, wenn zum Beispiel auf einer landwirtschaftlichen Fläche neu gebaut werden soll. „Oder auch bei der Sicherung des Ruhrtalradwegs hatten wir extra ein Gutachten angefordert“, erklärt die Fachbereichsleiterin.

Zu dem Freischnitt erklärt sie, am Regenbecken einen Teil des Bewuchses stehenzulassen und nur Teile zu stutzen, sei aus Kostengründen nicht möglich. Man habe in der Nähe ein Fläche mit hohem Gras stehenlassen. Die soll erst bearbeitet werden, wenn Grün am Regenrückhaltebecken nachgewachsen sei.

Den beiden Vogelarten hilft das hohe Gras in der Nachbarschaft wenig, weiß Jürgen Hendricks. Sie brüten in Hecken, in Astgabelungen. Der Nabu hätte sich deshalb ein behutsameres Vorgehen gewünscht.

Holste erklärt, dass der Stadt von seltenen Vogelarten in dem Bereich nichts bekannt gewesen sei. Um derartiges in Zukunft zu verhindern, sei man aber dabei, eine Arbeitsgruppe zur engeren Zusammenarbeit und zum Austausch mit dem Nabu zu gründen. Das würde auch Naturschützer Jürgen Hendricks begrüßen.