Hattingen. . In Hattingen wurde Kohle dicht unter der Erdoberfläche gewonnen. Deswegen gibt es fast nirgendwo mehr verlassene Tagesöffnungen. Das hat Folgen.
Die Wiege des Bergbaus – sie macht Probleme. Jeder Schweizer Käse hätte schlechte Karten im Vergleich zu den Löchern, die Hattingen hat. Ganz weit vorne ist die Stadt, was die „Anzahl der verlassenen Tagesöffnungen“ des Bergbaus betrifft. 1095 sind es genau: 918 Schächte und 177 Stollen. Auf eine Anfrage der Grünen im Landtag NRW zur gesamten Situation der alten Schachtanlagen antwortete jetzt die Landesregierung.
„Das Tagesbruch-Risiko steigt mit zunehmendem Alter der Schachtanlagen, insbesondere, wenn sich langfristig der Grubenwasserstand ändert“, hatten die Grünen betont. Eine bisher wenig wahrgenommene Gefährdung könne durch wasserführende Stollen entstehen. Die könnten Tagesbrüche oder einen unkontrollierten Austritt von Grubenwasser verursachen.
„Dass gerade Hattingen und auch Sprockhövel ganz vorne mit dabei sind, ist klar. Denn von dort breitete sich der Bergbau Richtung Norden aus“, sagt der Leitende Bergvermessungsdirektor, Dipl.-Ing. Andreas Welz von der Bezirksregierung Arnsberg. Sowohl auf Schächte, die senkrecht oder schräg in die Erde gehen, als auch auf Stollen, die mit kleiner Neigung fast waagerecht verlaufen, hat die Behörde ein Auge. Denn bei ihr liegt das Risikomanagement, eine Aufgabe, die noch Generationen beschäftigen wird.
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Welche Probleme ein Stollen machen kann, zeigt sich ganz aktuell wieder am Erbstollen Edeltraud am Waldweg an der Grenze zu Sprockhövel. Dort schießt das Wasser aus dem sogenannten Mundloch, das längst mit Gittern gesichert ist. „Zurzeit ist es nur Oberflächenwasser, das sich durch den Berg nach unten seinen Weg sucht. Im vergangenen Jahr kam das Wasser aber tatsächlich aus den alten Grubenbauen, was man an der roten Farbe erkennen konnte. Wir waren natürlich auch jetzt wieder draußen und haben uns die Lage vor Ort angesehen, weil ja die Hauptroute von Hattingen nach Sprockhövel dort verläuft.“ Da müsse man aufpassen, dass es keine Tagesbrüche gibt.
Im Jahr 2011 hat die Bergbehörde NRW begonnen, die Hinterlassenschaften des Bergbaus, an denen möglicherweise Tagesbrüche entstehen können, zu klassifizieren und in eine Prioritätenliste einzuordnen – entsprechend des Risikos, das von ihnen ausgeht. „Wir sind auch für Stollen zuständig, bei denen es keine Besitzer mehr gibt“, sagt Welz.
In den Anfängen des Bergbaus, in Hattingen zum Beispiel, habe man einfach Löcher in die Erde gegraben – die Kohle lag ja sehr weit oben. Dann wurden Schächte hergestellt, die mit losem Gestein verfüllt wurden. Im Glauben, dass es schon halte, erklärt der Bergbauspezialist. Das aber sei ein Trugschluss gewesen, so dass man heute aufpassen müsse, – vor allem in Gebieten, wo die Bevölkerung lebt.
„Elf Millionen Euro pro Jahr werden in NRW für Gefahrenabwehr durch Tagesbrüche und für Prävention ausgegeben. Knapp 16 Millionen Euro wurden für das Risikomanagement der verlassenen Schächte allein in den Jahren von 2011 bis 2016 verwendet.“