Hattingen. . Vor 30 Jahren hat der Bonifatius Stirnberg den Brunnen in Aachen gegossen. Seit Juni 1988 prägt das bespielbare Kunstwerk den Obermarkt.
- Vor 30 Jahren hat der Künstler Bonifatius Stirnberg den Brunnen in Aachen gegossen
- Die Skulptur ist drei Meter hoch, sieben Meter lang und 400 000 Mark teuer
- Seit Juni 1988 prägt das bespielbare Kunstwerk den Obermarkt
Den Treidelbrunnen am Obermarkt kennt jeder. Na ja, jeder ist übertrieben. Zwar ist der Brunnen bekannt, aber wofür er steht, an was er erinnert, da wird bei vielen Befragten die Luft schon dünn. „Meine Güte, ist das peinlich“, sagt eine ältere Dame. „Hier lauf’ ich jeden Tag vorbei, aber die Bedeutung kenn’ ich nicht. Wenn das meine Enkel wüssten.“
Ganz anders Heinz-Dieter Jansen. Der 78-Jährige wohnt seit 1967 in Hattingen, hat beim Fuhrpark gearbeitet. „Der Treidelbrunnen hier erinnert an die Ruhr-Schifffahrt. Vor dem Brunnen standen hier Blöcke, die wurden Affenfelsen oder nach dem damaligen Stadtdirektor Augstein auch Augstein-Gebirge genannt“, erzählt er mit einem Lächeln. Für viele sei das Kunstwerk ein Schandfleck gewesen, wie das so ist mit Kunst im öffentlichen Raum.
Das Fleckchen in der Stadt vor der Mayerschen Buchhandlung hat eine wechselvolle, zeitweise anrüchige Geschichte. Denn 1905 wurde dort das erste öffentliche Pissoir der Stadt Hattingen aufgestellt, das viele Jahrzehnte später in der Ära der „abstrakten Kunst in der Stadtplanung“ dem umstrittenen Betongebirge von Martin Einsele (1928-2000) weichen musste. Das berichtet Lars Friedrich, Vorsitzender des Heimatvereins.
Aprilscherz führt zum Affenfelsen
Dann erlaubte sich 1970 der damalige Ruhr-Anzeiger einen Aprilscherz und setzte in einer Bildcollage Affen auf die Steine – so prägte Redakteur Bruno Meck am 1. April den Spitznamen Affenfelsen. „Auf dem bin ich als Kind unheimlich gerne herumgeturnt“, schildert Friedrich seine Sicht auf die Betonkuben. Damals sei dahinter das Reisebüro der Hattinger Zeitung gewesen, es fuhren noch Straßenbahnen und Autos vorbei.
Dann brach eine ganz neue Ära an. Man erinnerte sich in der Stadt an die Zeit, als die Ruhr noch der am stärksten befahrene Fluss Deutschlands war. Sogenannte Aaken transportierten Kohle, Eisen, Salz, Getreide und Baumwolle. Diese Schiffe wurde von Pferden, die auf dem Leinpfad liefen, an langen Leinen getreidelt (gezogen).
Diesem für Hattingen wichtigen Abschnitt der Geschichte wollte die Stadt ein Denkmal setzen. Und fasste den Entschluss, dass die Sparkasse anlässlich ihres 150-jährigen Bestehens einen Brunnen für 400 000 DM spenden will. Als Künstler ausgesucht wurde der Aachener Bildhauer und Beuys-Schüler Bonifatius Stirnberg.
Und wieder politisch umstritten
Natürlich war auch dieser Brunnen aus Bronze politisch umstritten. Der vom Künstler hat ihn bewusst zum Bespielen und Anfassen gemacht. Ist das Kunst, wenn Kinder auf dem Schiff herumklettern? Ist so etwas Gegenständliches überhaupt Kunst? Manche Politiker aus dem Kulturausschuss standen Kopf. Ganz anders die Bevölkerung. Sie nimmt den Brunnen bis heute an, vor allem Kinder lieben ihn, plantschen im Sommer gerne im Wasser, das das Schiff umgibt. Nur die Pferde, die es im ursprünglichen Entwurf gab, haben den Brunnen nie erreicht.
>>> Vom Guss des Brunnens
Mitte November 1987 werden erste Teile des Treidelbrunnens in der Aachener Werkstatt des Künstlers Bonifatius Stirnberg gegossen. Ein Dutzend Hattinger Bürger sind dabei.
Im Juni 1988 wird das Modell der Hattinger Öffentlichkeit vorgestellt. So lange dauert die Herstellung aller Teil des Kunstwerks.
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