Hattingen. Kultur-Förderkreis Niederwenigern legt Buch über Gräber im Stadtteil vor. Der Band hat 92 Seiten und bildet den Auftakt zu einer Schriftenreihe.

Spannendes über Menschen und die Geschichte des Stadtteils Niederwenigern erfahren Leser im ersten Band der Schriftenreihe des Kultur-Förderkreises Niederwenigern über „Friedhöfe in Niederwenigern – Zeitzeugen der Geschichte“.

Die Projektgruppe „Namen und Inschriften“ hat dafür sechs Jahre recherchiert, Informationen zu Einzelschicksalen, zur Friedhofsgeschichte und Bestattungskultur zusammengetragen. „Dabei haben wir in die Vergangenheit und in die Zukunft geblickt, denn wir gehen davon aus, dass sich die gesellschaftliche Entwicklung auf den Friedhöfen niederschlagen wird. Sie werden sich verändern. Darum war es uns wichtig, Zustand und Entwicklung zu dokumentieren“, sagt Manfred Lindner (76).

Impressionen sind den Einzelschicksalen vorangestellt

Wenn er von uns spricht, meint er seine drei Mitstreiter in der Arbeitsgruppe: Ernst Busse (70) sowie Klaus Hoppe und dessen vor eineinhalb Jahren verstorbene Frau und Künstlerin Silke Hoppe. Auch ihr ist ein Abschnitt im Kapitel Einzelschicksale gewidmet – ebenso wie dem ehemaligen WAZ-Chefredakteur Siegfried Maruhn oder dem Maler Heinz Carls.

In dem 92-seitigen Buch findet sich zunächst eine Aufstellung der Hattinger Friedhöfe – bevor es dann ins Detail der beiden Friedhöfe in Niederwenigern geht. Impressionen sind den Einzelschicksalen vorangestellt. „Wir haben bei vielen Familien geklingelt, um für diese Kapitel Informationen zu bekommen“, erinnert sich Ernst Busse.

„Der schönste und spannendste Fall aus detektivischer Sicht war der von Bettina Seipp“, erzählt Lindner. Als Schriftstellerin weist sie der Grabstein aus. „Wir waren elektrisiert, denn niemand hatte je ihren Namen gehört.“

Im Literatur-Archiv war Bettina Seipp bekannt

Im deutschen Literatur-Archiv in Marburg war sie bekannt. „Wir bekamen Titel von Büchern aus den 1940er Jahren – aber nichts Biografisches.“ Im Insel-Verlag hatte sie publiziert. Die Engagierten machten sich dort kundig. „Weiter half uns dann der Zufall. Das Grab war sehr gepflegt, wir wollten den Grabpfleger fragen“, erinnert sich Lindner. Und der war ein Bürger aus Niederwenigern, die Autorin war seine Großtante, die eigentlich „keinen Bezug zu Hattingen hatte, München und Italien waren ihr Revier“, erklärt Lindner. Doch als sie ihre Familie in Niederwenigern besucht hatte, da fand sie die Gegend und den Friedhof so schön, dass sie hier begraben werden wollte. „102 Jahre ist sie dann geworden.“

Die Vogelsang-Geschichte ist Thema, Familien im Bergbau kommen vor. „Die ursprüngliche Recherche-Idee war, ob die Namen etwas über die Wanderungsbewegung aussagen. Das war aber nicht ergiebig – und so kamen wir zur Idee, etwas über die Friedhöfe generell zu machen.“

Die historischen Bilder stellten Familien den Machern zur Verfügung. Die aktuellen Bilder hingegen haben Busse und Hoppe aufgenommen.

Nützliche Übersichtspläne

„Uns war auch aufgefallen, dass auf manchen Grabsteinen Steine liegen. Erst dachten wir an eine jüdische Tradition. Dann bin ich aber darauf gestoßen, dass es die Steintradition auch im alten Griechenland gab: Hermes wurde als Götterbote mit Steinhaufen am Wegesrand verehrt“, erklärt Lindner.

Außerdem gibt es in dem Buch eine Anlage zu Kriegsgefangenen. Der Band ist zugleich ein Führer über die Friedhöfe – sehr nützlich sind da die Übersichtspläne der Friedhöfe, auf denen die einzelnen Gräber ausgewiesen sind.