Hattingen. Auch wenn sich offene Sonntage nicht lohnen, machen Geschäftsinhaber gern mit aus Marketing- und Prestigegründen. Planungssicherheit gefordert.

  • Durch den kurzen Advent fehlt eine Verkaufswoche im Weihnachtsgeschäft
  • Viele Leute bummeln am Sonntag, schauen sich um und kaufen unter der Woche
  • Geschäftsleute kritisieren Vorgehen von Verdi und entstandene Unsicherheit

Nach langem Hin und Her fand er also doch statt, der verkaufsoffene Sonntag am 1. Oktober. Was denken die Händler? Lohnen sich die Sonntage geschäftlich? Wir haben mit etwas Abstand in den Geschäften nachgefragt.

„Bei vier verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr bin ich mit dabei, auch wenn ich sie nicht brauche“, sagt Ina Schröter, Inhaberin des „Vom Fass“ in der Großen Weilstraße 27. Von Bedeutung für ihre Umsatzzahlen sei lediglich der Sonntag im Dezember, „gerade in diesem Jahr ist er sinnvoll, da uns durch den kurzen Advent im Weihnachtsgeschäft eine Verkaufswoche fehlt.“

Sonntage sind wichtige Beratungstage

Verkaufsoffene Sonntage sind für sie ein reines Marketinginstrument, das an Festen in der Stadt auch Auswärtige in das Geschäft ziehe. „Goldene Zeiten, was den Umsatz angeht, habe ich an den Sonntagen nicht“, erklärt sie. Einzig: Die Menschen seien entspannter und mehr an längeren Beratungsgesprächen interessiert als an Wochentagen. „Deshalb machen die Sonntage meistens viel mehr Spaß.“ Die Leute kämen zum Bummeln, überlegten zu Hause, was sie haben möchten, „und kommen dann zum Einkauf wieder.“

Dies ist eine Erfahrung, die auch Markus Seyock vom gleichnamigen Geschäft für Elektro- und Haushaltstechnik Seyock, Große Weilstraße 12, macht. „Die Sonntage sind auch in unserer Branche wichtige Beratungstage. Wir führen sehr viele aufwändige Beratungen durch“, erklärt er. „Der Kassenschnitt an einem Sonntag ist nicht positiv, aber die Beratungen führen größtenteils zum Erfolg. Ob die Menschen ein paar Tage oder erst Monate danach zum Kauf wiederkommen, spielt dabei keine Rolle.“

Mit genügend Vorlauf ist Hans-Peter Schuffert an vier Sonntagen gern dabei mit Flash-Foto-Technik & Studio. Bei acht Sonntagen würde er passen.
Mit genügend Vorlauf ist Hans-Peter Schuffert an vier Sonntagen gern dabei mit Flash-Foto-Technik & Studio. Bei acht Sonntagen würde er passen.

Seyock möchte an verkaufsoffenen Sonntagen das Geschäft öffnen. Dass er es am 1. Oktober geschlossen ließ, hat mit der kurz vor dem Sonntag eingereichten Klage von Verdi zu tun. „Wir öffnen, wenn wir Planungssicherheit haben, die gab es für den 1. Oktober nicht.“ Durch die Unsicherheit, die der Verdi-Einspruch gebracht habe, sei es ihm nicht möglich gewesen, für den Sonntag rechtzeitig personell zu planen. Das derzeitige Hin und Her sei nicht förderlich und sorge auch bei Kunden und Stadtmarketing für Verunsicherung. „Wenn es eine klare Linie bei verkaufsoffenen Sonntagen gibt, bin ich künftig wieder gerne dabei“, bekräftigt er.

Acht Sonntage sind zu viel

„Für mich ist es nicht zu verstehen, so kurzfristig gegen einen Termin zu klagen“, erklärt auch Hans-Peter Schuffert, Inhaber des Flash Fotostudios. „Es gibt Händler, die müssen personell planen, für die war das nicht gut“, sagt er. „Wenn sie früh genug planen, damit wir wissen, wo wir dran sind, bin ich an vier Sonntagen dabei.“ Außer im Dezember erziele er sonntags zwar keine positiven Effekte. Er sieht die Sonntage aber als Prestige an. Bei acht verkaufsoffenen Sonntagen, von der neuen Landesregierung ins Gespräch gebracht, sei er raus. „Müsste ich jedes Mal Personal ins Geschäft stellen, könnte ich mir das nicht erlauben.“

„Die Sonntage sind für mich eine wirklich schöne Sache“, sagt Sonja Haller, Angestellte im „Ambiente“ am Obermarkt. „Für uns sind die Sonntage immer super, wir verkaufen viel und es kommen viele Menschen von außerhalb. Sie machen mir großen Spaß“, schwärmt sie. Kritisiert aber das Verdi-Vorgehen: „Wir müssen disponieren können, deshalb verstehe ich den Boykott nicht. So kurz vor einem Sonntag diesen verhindern zu wollen, finde ich nicht in Ordnung.“

Länger mal am Abend öffnen

„Vier Sonntage im Jahr verkaufsoffen zu haben ist kein Akt, das mache ich gerne. Aber ich brauche Planungssicherheit, diese Kurzfristigkeit finde ich unmöglich“, merkt Markus Lesmeister vom gleichnamigen Geschäft für Herrenmode in der Heggerstraße 44 an. Er bezeichnet die Verdi-Aktion als „lächerlich“. Der Verkauf an den Sonntagen laufe zwar nicht so gut, „aber trotzdem sind sie wichtig für uns Einzelhändler: Wir können uns präsentieren. Viele sind zum Bummeln hier, erkundigen sich und kommen in der Woche wieder.“

Dennoch denkt Lesmeister, dass die verkaufsoffenen Sonntage generell ihre Bedeutung verloren hätten. „Der Run ist vorbei, ich finde, wir müssten uns für andere Modelle öffnen, etwa Tage mit erweiterten Abendöffnungszeiten“, sagt er. Und eine Öffnung am 3. Oktober: „Das war bombastisch, als wir das durften. Die Leute kamen extra aus Holland zu uns rüber.“

Meinungen zum verkaufsoffenen Sonntag in Hattingen

Georg Quast (59)

"Ich schaffe das auch in der Woche und an Samstagen, Einkäufe zu erledigen. Ich gönne Mitarbeitern, dass Geschäfte an Sonntagen zu bleiben und habe kein Verständnis für verkaufsoffene Sonntage."

Monika Rudolph (61)

"Ich kann auch sehr gut vor dem Sonntag einkaufen gehen, deshalb finde ich verkaufsoffene Sonntage generell unmöglich. Meiner Meinung nach sollte man den Sonntag für Mitarbeiter von Geschäften frei halten."

Karl Kirst (64)

"Ich finde verkaufsoffene Sonntage gut. Sie beleben die Stadt, viele Menschen haben mehr Zeit einzukaufen, sie sind eine Möglichkeit, dem Internet-Handel Konkurrenz zu bieten. Leute sollten aber auch frei haben."

Lisa Sotzek

"Für mich gibt es an einem Sonntag nichts, was ich nicht auch an Wochentagen in Geschäften bekommen könnte. Mir tut jeder, der an einem Sonntag arbeiten muss, leid. Deshalb bin ich gegen verkaufsoffene Sonntage."

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