Hattingen. . Dorfbewohner konnten Seiten für ihre Bibel gestalten. Nun gibt es das gebundene Buch. An einer Tür können sie wie Luther ihre Thesen annageln.
- Wennische füllen ihre Bibel mit Psalmen, Bildern, Liedtexten und eigenen Geschichten
- Das gebundene Buch versammelt die Ideen der Menschen zu ihrem Glauben
- Ihre Thesen konnten die Mitglieder der evangelischen Gemeinde zudem an eine Tür nageln
Rund um die Wennische Bibel drängen sich die Menschen, blättern von vorne nach hinten und wieder zurück durch die Seiten. Denn das Buch, das im Gemeindehaus an der Essener Straße im Zuge des 500. Reformationsjubiläums vorgestellt wird, ist prall gefüllt mit biblischen Versen und Psalmen, Bildern, Liedtexten und eigenen Geschichten, mal handschriftlich verfasst, mal am Computer erstellt. Jeder Dorfbewohner durfte sich an ihrer Gestaltung beteiligen. Das Werk zeigt jetzt auf, wie die Menschen ihren Glauben verstehen, was ihnen wichtig ist. Und das auf sehr persönliche Art und Weise.
„Wir haben mit der Idee das weitergeführt, was Martin Luther mit der Übersetzung der Bibel damals angefangen hat“, sagt Pfarrer Ludwig Nelles, der das Projekt gemeinsam mit Constanze Elvers antrieb. „Luther hat den Menschen die Bibel sozusagen in die Hand gedrückt und sie aufgefordert, sie zu lesen und sich mit ihr zu beschäftigen.“ Bei der Wennischen Ausgabe ist es ganz ähnlich. Die Menschen haben sich Gedanken gemacht. „Und das ist nun das Ergebnis.“
Die vielen eingereichten Ideen, die anfangs nur eine lose Sammlung an Zetteln waren, hat Buchbinder Michael Rönsberg ehrenamtlich gebunden. Am Sonntag wird sie ihren Platz im Gottesdienst finden.
Manche aus dem Dorf haben gleich mehrere Ideen eingereicht, wie der 72-jährige Fred Rodewald. „Acht oder zehn Seiten habe ich gestaltet“, erzählt er. Spontan fällt ihm eine ein: Rodewald setzte sich an den Rechner und gestaltete ein Bild, das ihn an das Lied „Anker in der Zeit“ erinnert. „Über die Bibel kann ich meinem persönlichen Glauben Ausdruck verleihen“, sagt er. Und seine Idee zu Papier zu bringen, habe außerdem noch viel Spaß gemacht.
Thesen-Tür in Niederwenigern
Im Gemeindehaus gibt es nicht nur die Wennische Bibel zu sehen. Zusätzlich gibt es die Thesen-Tür. „Hier können wir es Luther nachmachen und unsere Thesen, unsere Meinungen, unsere Wünsche und unsere Kritik an Kirche und Gemeinde loswerden“, erklärt Nelles. Zum anderen ist eine Bücherausstellung zu bestaunen – mit Titeln, die etwas mit Kirche, Glauben und dem Reformationsjubiläum und Luther zu tun haben. „Bei so vielen alten Büchern geht mir das Herz auf“, sagt Dagmar Grimmelt (72), die selbst ein paar Bücher aus ihrer Sammlung zugesteuert hat.
Die 74-jährige Elvira Leichtfuß füllt dagegen die Thesen-Tür. „Vor Gott sind alle Menschen gleich“, ist auf ihrer These zu lesen, die sie mit ein paar vorsichtigen Schlägen an das Holz nagelt. „Ich war früher mal katholisch“, erzählt sie. „Und da wollte mich einer nicht trauen.“ Kurzerhand habe sie ihre Konfession gewechselt.