Hattingen. Leiter Bernd Jeucken ist trotz weniger Ausleihen zufrieden, weil Digitalisierung auch Früchte trägt und die Hattinger Facebookseite beliebt ist.

  • Stadtbibliothek ist froh über schönen Standort mit hoher Aufenthaltsqualität
  • Viele lernen dort oder lesen Bücher und Zeitschriften, ohne sie auszuleihen
  • Aus über Jahre gleich gebliebenen Medienetat muss mehr bezahlt werden

Die Stadtbibliothek hat in vier Jahren mehr als 10 000 Besucher eingebüßt. Die Zahl der aktiven Kunden – das sind diejenigen, die einmal im Jahre ihren Leseausweis aktivieren – ist um fast 800 gesunken. Diese haben im Zeitraum von 2012 bis 2016 insgesamt 35 000 Medien weniger ausgeliehen, bei Kindern und Jugendlichen summiert sich das Minus auf über 14 000. Büchereileiter Bernd Jeucken ist dennoch zufrieden. Ist es in der Einrichtung doch nicht leerer als früher, sondern eher voller.

Außerdem kann man seiner Meinung nach die Qualität nicht nur an Zahlen messen. Es gebe Bibliotheken, die gar keine mehr vorlegen. Bernd Jeucken sieht keinen Grund, den Zahlenschwund zu verheimlichen, den es nicht nur in Hattingen gebe. Er weiß, dass die Zahlen in diesem Jahr weiter sinken werden, hofft aber, dass es nicht im bisherigen Tempo weitergeht: „Die fetten Jahre sind vorbei.“

Bücher sind über die Jahre 20 Prozent teurer geworden

Natürlich bestehe ein Zusammenhang mit der Tatsache, dass der Medienetat in all den Jahren gleich geblieben ist, Bücher in den neun Jahren am neuen Standort aber 20 Prozent teurer geworden seien. Außerdem fließen fünf Prozent des Etats in den Verbund „Onleihe Ruhr“. Was Früchte trägt. Hattinger leihen im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr digitale Medien aus als die Bürger der kooperierenden Städte Bochum, Witten, Herne, Schwelm oder Ennepetal. Außerdem habe Hattingen mit 1500 Facebook-Fans die beliebteste Seite aller deutschen Mittelstadtbibliotheken – und mehr Follower als die Großstadtbibliotheken in Bochum, Dortmund, Mannheim, Bielefeld oder Cottbus.

Nicht unbedingt die Lösung sieht der Büchereileiter darin, statt einer gedruckten Neuerscheinung drei oder vier zu kaufen, wenn es der Geldbeutel denn hergeben würde. Denn die Entwicklung habe mit der fortschreitenden Digitalisierung zu tun. „Dem kann man sich nicht entziehen.“ Viele Besucher greifen vor Ort im Café auch zu Buch oder Zeitschrift, nehmen diese aber nicht mit nach Hause. Die Medien tauchen in der Statistik nicht auf, werden aber gelesen.

Ein schöner Standort im Reschop Carré

Dass die Stadtbibliothek so gut dastehe, verdanke sie ihrer Aufenthaltsqualität. „Die Aufgaben haben sich gewandelt, dem müssen wir uns stellen“, so Jeucken. „Wir können froh sein, so einen schönen Standort zu haben. An der Bredenscheider Straße wären wir schon zugewachsen wie das Dornröschenschloss.“ Statt dessen treffen sich Schüler zum Lernen, Erwachsene, um Spiele zu machen oder Kakao zu trinken. Und die Zahl der Veranstaltungen ist von 174 auf 374 gestiegen – dank der Deutschkurse für Flüchtlinge.