Hattingen. . Die Erziehungsberatungsstelle startete als Psychologische Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche. Die Schwierigkeiten sind gleich geblieben.

  • Das Angebot der Erziehungsberatungsstelle ist kostenlos. Beraten wird individuell und anonym
  • Handy, Spielekonsolen und Co. sowie Patchwork-Familien haben die Gesellschaft verändert
  • Die Möglichkeiten, Probleme in der Erziehung zu lösen, sind ähnlich geblieben

Alle Schichten, alle Altersgruppen, alle Nationalitäten kommen in die Bahnhofstraße 51, um gemeinsam mit den Experten der Erziehungsberatungsstelle nach Lösungen für ihre Probleme zu suchen. „Bevor ich die Leitungsstelle bekam, habe ich auch hier als Sozialarbeiterin gearbeitet. Für uns war und ist immer wichtig herauszufinden, was die Familien in unserer Stadt brauchen“, betont die Leiterin der Erziehungsberatungsstelle Juliane Lubisch. Und diese Hilfe wird von den Bürgern gerne angenommen.

Durchschnittlich nehmen pro Jahr 350 Familien das Angebot in Anspruch. 1982 waren es noch 59 Anmeldungen, denn die Psychologische Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche, wie sie damals noch hieß, war gerade mal fünf Jahre alt. Und die Wartezeit betrug damals ein Jahr.

Angebot ist kostenlos, individuell und anonym

„Unser Angebot ist kostenlos, hier wird individuell und vor allem anonym beraten“, betont der Fachbereichsleiter für Jugend, Schule und Sport der Stadt, Egbert Willecke. Das mache es den Familien einfach, in die Erziehungsberatungsstelle zu kommen.

Juliane Lubisch (Leiterin der Erziehungsberatungsstelle) mit ihrer Kollegin Michaela Schraven (Diplom-Sozialarbeiterin) im Beratungsgespräch in der Erziehungsberatungsstelle an der Bahnhofstraße in Hattingen.
Juliane Lubisch (Leiterin der Erziehungsberatungsstelle) mit ihrer Kollegin Michaela Schraven (Diplom-Sozialarbeiterin) im Beratungsgespräch in der Erziehungsberatungsstelle an der Bahnhofstraße in Hattingen. © Manfred Sander

Die Schwierigkeiten, die Eltern mit ihren Kindern haben, sind eigentlich die gleichen geblieben. Natürlich hat sich die Gesellschaft verändert. 1977 gab es kein Smartphone, kein Internet, kein Tablet, keine Spielkonsole, Faktoren, um die sich das Leben vieler Kinder heute dreht. Auch hat die Zahl der Scheidungen zugenommen und damit auch die Zahl der Patchworkfamilien. Aber die Möglichkeiten, Probleme zu lösen, sind ähnlich. „Wir haben einen anderen Blick auf die Schwierigkeiten in den Familien, weil wir einen anderen Blickwinkel haben“, sagt Egbert Willecke. Es sei manchmal einfacher, von außen auf ein Problem zu gucken und dann einen Lösungsansatz zu finden.

Viele können es nicht ertragen, nicht perfekt zu sein

Eine große Schwierigkeit sei es, heute zu ertragen, nicht perfekt zu sein, sagt Juliane Lubisch. „Wir nehmen Kindern die Kindheit, wenn wir ständig daran arbeiten, dass der Nachwuchs perfekt wird.“ Eigentlich wollten alle Eltern das Beste für ihre Kinder, was man ja auch verstehen kann. „Wir zeigen Eltern, dass sie nicht daran schuld sind, wenn bei der Erziehung Probleme auftreten, die sie alleine nicht lösen können“, betont Sozialarbeiterin Michaela Schraven.

„Es ist eben so, dass das, was sie Eltern als Bestes für ihre Kinder wollen, nicht das Beste für die Kinder sein muss. Es muss nicht jeder Abitur haben, man kann auch ohne Abitur erfolgreich sein“, erklärt der Fachbereichsleiter für Jugend, Schule und Sport.

Nicht die Schule, der Druck daheim ist das Problem

Viele Kinder kämen in der Schule nicht gut zurecht. Aber nicht Schule an sich sei das Problem, sondern der Druck, der dann zu Hause auf den Kindern laste. „Solche Probleme wirken sich dann ja auch auf die Beziehung und die ganze Familie aus“, sagt Willecke.

In der Erziehungsberatungsstelle werden den Eltern keine Patentrezepte an die Hand gegeben, sondern es wird nach Möglichkeiten gesucht, wie Eltern in Zukunft mit den Problemen umgehen. Eltern sollen selbst Lösungen entwickeln. „Oft hilft schon ein einziges Gespräch und die Mutter oder der Vater kommen in der Zukunft gut alleine weiter“, sagt Simon Clemens, jüngster Mitarbeiter in der Erziehungsberatungsstelle.

Manchmal sind mehrere Termine nötig

Manchmal sind aber auch mehrere Termine nötig, zwischen denen immer zwei oder drei Wochen Zeit liegen, damit man sehen kann, wie sich das veränderte Verhalten auswirkt. „Wichtig ist auch zu wissen, dass wir in Hattingen im Netzwerk arbeiten. Wenn wir merken, dass ein Problem nicht gelöst werden kann, vermitteln wir an andere Fachstellen weiter“, sagt Juliane Lubisch.

Die gute Seele der Erziehungsberatungsstelle ist Teamassistentin Annette Kühnicke, die schon seit Jahrzehnten dabei ist, Telefonanrufe annimmt und für einen reibungslosen Ablauf sorgt.