hattingen. . WAZ öffnet Pforten und gewährt einen Blick in den Kalkantenraum der St. Georgs-Kirche. Dieser soll zu einem Museum umgestaltet werden.
- Klugheit und technisches Wissen mussten die Orgelbauer haben, die vor 200 Jahren das Meisterwerk schufen
- Im frühgotischen Kalkantenraum oben über der Orgel bekommt man einen Eindruck vom Alter der Kirche
- Der allergrößte Feind des empfindlichen Instruments ist eine zu hohe oder zu niedrige Luftfeuchtigkeit
Einen sachkundigen Einblick in das komplizierte „Innenleben“ einer Orgel gab Dr. Udo Polenske am Samstagvormittag bei „WAZ öffnet Pforten“. Spannend und lebendig erzählte der Pfarrer von St. Georg viel Wissenswertes über die alte Kirche und weihte die Leserinnen und Leser in die Geheimnisse des komplizierten Instruments ein.
Im Kalkantenraum findet man eine Reihe von Graffiti
Eine kleine Holztreppe ging es hoch, vorbei an der Orgel nach oben in den Kalkantenraum. Ein Kalkant (vom lateinischen calcare - treten) abgeleitet, war ein Helfer, der durch das Bedienen der Bälge für die Luftversorgung der Orgel zuständig war. Der Kalkantenraum der St.-Georgs-Kirche, der in ein Museum umgewandelt werden soll, beherrbergt historische Schätze der ganz eigenen Art. „Auf dieser großen Holzwand, die den Raum abtrennt, findet man eine Reihe von Graffitis“, sagte Udo Polenske. Zum Beispiel die Jahreszahl 1885, ein Hinweis auf das Alter der Wand. Zwei Fenster gibt es dort oben, eins ist mit einer Blendlade versehen, das andere nicht. Die Blendlade ist an der Sonnenseite angebracht, damit die Wärmeeinstrahlung nicht die empfindlichen Teile einer Orgel beschädigt.
Acht Personen dürfen sich später im Museum aufhalten
Auch die frühgothische Architektur mit den bekannten Spitzbögen ist gut zu sehen. Die blaue Farbe dominierte wohl schon immer das Innere der Kirche. Denn wie man an den Wänden im Kalkantenraum sieht, kommt unter der jetzt weißen Farbe deutlich ein Blauton zum Vorschein. „Wir haben uns viel vorgenommen“, gibt der Pfarrer bekannt. „Für das Museum, in dem sich immer acht Personen gleichzeitig aufhalten können, wollen wir das beste Konzept anbieten. Hier oben bekommt man ein Gefühl dafür, wie alt die Kirche tatsächlich ist.“
Über das zarte Pflänzchen - die Orgel - sollen die Besucher viel Wissen vermittelt bekommen. Denn so eine Orgel ist eine echte Mimose. Hochkompliziert die Technik, empfindlich die einzelnen Teile gegen zu viel oder zu wenig Feuchtigkeit. „Wenn die Organistin kräftig in die Tasten greift und mit Druck spielt, hat der Klang wirklich eine psychedelische Wirkung“, sagt Udo Polenske sichtlich beeindruckt. „So eine Orgel, diese hier ist eine mechanische, ist ein hochtechnisches Meisterwerk.“
Der Kellerbesuch wird auf jeden Fall nachgeholt
Es müsse alles so konzpiert sein, dass die Luft eben nur über die Pfeifen entweicht. Der Blasebalg der St. Georgs-Orgel sei ungewöhnlich groß, beschrieb der Pfarrer die Gegebenheiten und gewährte den Leserinnen und Lesern einen Blick ins Innere des Instruments. „Viel Klugheit und technisches Wissen mussten die Orgelbauer haben, die vor 200 Jahren dieses Meisterwerk gebaut haben“, betont er.
Zwei Bälge besitze die Orgel, so dass auf einem Balg immer Druck ist. Die Luft geht dann über Holzkanäle zu den Stöcken. Da die Orgel eine mechanische ist, müssen die Organisten immer per Hand die Register ziehen. Der größte Feind der Orgel ist die Luftfeuchtigkeit. „Unter 49 Prozent wird es gefährlich. Zum Beispiel in der Adventszeit, wenn 3000 Besucher kommen und es draußen sehr trocken ist.“ Der Kellerbesuch, der eigentlich vorgesehen war, wird nachgeholt, versprach Polenske.