Hattingen. . Michelle Degener entschied sich nach dem Abitur für ein Freiwilliges soziales Jahr im Altenheim. Nun will sie studieren und ehrenamtlich helfen.

Michelle Degener hat nach dem Abitur eine neue Welt kennengelernt. Sie absolvierte ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Seniorenheim St. Josef. Dabei lernte sie viel über sich, das Leben und auch alte Schlagerstars.

Michelle ist 19 Jahre alt und seit bald einem Jahr als FSJlerin an der Brandtstraße im Einsatz. Als sie im vergangenen Jahr ihr Abitur am Gymnasium Waldstraße bestanden hat, war die junge Frau gerade 18 Jahre alt geworden. Was sie einmal beruflich machen wollte, wusste sie da noch nicht, aber dass sie studieren würde, das stand fest. „Allerdings wollte ich nicht mit Mitte 20 aus dem Studium kommen und noch nie gearbeitet haben“, erklärt Michelle. Deshalb entschied sie sich für ein Freiwilliges soziales Jahr: „Ich wollte etwas Sinnvolles tun, etwas für die Gesellschaft“, begründet die 19-Jährige ihre Wahl.

Michelle Degener, hier im Gespräch mit Liselotte Litze, absiolviert eine freiwilliges soziales Jahr.
Michelle Degener, hier im Gespräch mit Liselotte Litze, absiolviert eine freiwilliges soziales Jahr. © Fischer

Überrascht reagierten darauf Familie und Freunde. „Viele kennen das Freiwillige soziale Jahr gar nicht. Meine Familie dachte, ich würde sofort studieren und auch meine Freunde waren erstaunt“, sagt Michelle.

Beworben hat sie sich über das Ruhrbistum, das auch aktuell wieder nach Freiwilligendienstlern – ob FSJ oder Bundesfreiwilligendienst – sucht. Ihr wurde die Stelle im Altenheim vorgeschlagen. „Der Probetag war überwältigend“, erinnert sich Michelle. Nie sei ihr bewusst gewesen, wie es in einem Altenheim zugeht, wer welche Aufgaben übernimmt.

Unterstützung in der Betreuung

Seit dem vergangenen Sommer ist sie mittendrin – hilft vor allem in der Betreuung. Michelle bereitet in der Wohnküche die Mahlzeiten mit vor, motiviert die Senioren zu essen und spielt Spiele mit ihnen. „Pro Team haben wir einen Freiwilligen und einen in der Haustechnik“, erklärt Einrichtungsleiterin Anja Wichert. Probleme, neue Unterstützung zu bekommen, gebe es bisher zum Glück nicht. Häufig würden aber die Freiwilligen im Anschluss auch eine Ausbildung in diesem Bereich beginnen.

Das hat Michelle nicht vor. „Ich möchte Jura studieren“, weiß sie inzwischen – am liebsten in Münster. Die Arbeit mit den Senioren hat sie aber besonders berührt. „Vorher hätte ich gesagt, dass ich nach dem Jahr nicht weitermache“, sagt sie. Jetzt kann sich die 19-Jährige gut vorstellen, ehrenamtlich weiter zu helfen. „Ich wusste nicht, dass ich so gut mit älteren Leuten klarkomme“, freut sie sich.

Neues Bild vom Altenheim

Dabei hat sich das Bild der jungen Hattingerin von einem Seniorenheim gewandelt. „Ich habe es mir trauriger vorgestellt.“ Vor allem den Umgang mit Demenzkranken musste Michelle lernen – „Man darf die Leute nicht überfordern, sondern muss auf sie eingehen“, weiß sie. Oft drehten sich die Gespräche um früher, um eine Zeit, die Michelle nicht erlebt hat. „Die Bewohner erzählen vieles, was berührt, von der Kriegszeit, davon, dass sie ihre Kinder früh verloren haben“, erinnert sich die FSJleri.

Am schönsten sei der Kontakt zu den Menschen gewesen – und nicht nur beim Schlager-Raten konnte die 19-Jährige noch einiges lernen. Jetzt kennt sie einige Berühmtheiten von damals mehr.