Hattingen. . Vor 30 Jahren wurde das Bronzerelief in Erinnerung an die Hattinger Synagoge eingeweiht. Auch heute werden Bürger aktiv ins Gedenken einbezogen.
- Der Denkstein am Platz der ehemaligen Hattinger Synagoge wurde 1987 eingeweiht
- Ein Verein hatte es sich zur Aufgabe gemacht, an das Schicksal der Juden zu erinnern
- Heute nimmt der Stadtarchivar Schüler mit zu Orten jüdischer Geschichte in Hattingen
Ein Denkstein gegen das Vergessen steht seit 30 Jahren am Synagogenplatz. Dem Engagement einiger Bürger ist es zu verdanken, dass hier an die Gräueltaten gegen Juden während des Naziregimes erinnert wird. Denn Hattingen betreibt die Aufarbeitung der Geschichte gemeinsam mit seinen Bürgern.
Am 2. Juli 1987 wurde der Denkstein mit dem Bronzerelief eingeweiht. Ein stilles Gedenken war es allerdings damals nicht. Durch die Autos, die auf der benachbarten August-Bebel-Straße vorbeirauschten, war es sehr laut. Immerhin hatte sich die Synagoge einst genau dort befunden, wo heute die Straße entlang führt. Am 10. November 1938 war die Hattinger Synagoge in Brand gesteckt worden.
„Wir konnten das nicht einfach stehenlassen, dass es keine Erinnerung an die Synagoge gibt“, sagt Marianne Franzen, damals Mitglied im 1986 eigens gegründeten „Vereins zur Errichtung eines Denksteins Synagoge Hattingen gegen das Vergessen“. Länger habe man überlegt, was man machen könne. Die Zustimmung des Rates, einen Gedenkstein zu erreichten, gab es auch schnell – nur das Motiv fehlte. Bis Franzen in einer Ausstellung eine Zeichnung von Ulla H’Loch-Widey entdeckte. Die passte perfekt und wurde von der Künstlerin als Relief umgesetzt und gegossen.
„Den Entwurf hat sie uns damals unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Auf ein Honorar hat sie verzichtet“, erinnert sich Franzen. Für den Guss in Bronze sammelte der Verein Geld. „Wir haben alle möglichen Leute einfach angeschrieben und angesprochen, es gab auch ein Spendenkonto.“ So konnten innerhalb eines Jahres 7500 D-Mark gesammelt werden, mit denen der Verein den Guss bezahlte.
Walter Kersbaum, Vereinsvorsitzender, wollte den Stein bei der Einweihung 1987 als Denkanstoß verstanden wissen, „dass Freiheit und Menschenwürde immer in Gefahr sind, wenn wir uns nicht persönlich für sie einsetzen.“ Nach der Einweihung löste sich der Verein auf – sein Zweck war erfüllt.
Weitere Initiativen zum Gedenken
Die Erinnerung an die jüdische Gemeinde in Hattingen lebt aber fort. Zum Beispiel in den 19 Stolpersteinen, die an die Schicksale jüdischer Hattinger erinnern. Stadtarchivar Thomas Weiß lobt die Initiative der Bürger: „Vieles ist aus privaten Initiativen entstanden. Wie auch die Patenschaften für einzelne Stolpersteine“, sagt er und betont: „Das ist immer besser als ein oktroyiertes Staatsgedenken.“ Überhaupt sei Hattingen in der Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit bundesweit sehr früh dran gewesen und habe die Bürger aktiv mitgenommen.
Heute nimmt der Stadtarchivar Schüler mit auf die Spuren der Vergangenheit. Mit Jugendlichen von Klasse 6 bis 9 der Hattinger Gymnasien und der Realschule besuchte er Orte jüdischen Lebens in der Stadt, damit sie mit den Orten, an denen sie täglich vorbeikommen, Geschehnisse verbinden können. „Die Reaktionen waren sehr positiv. Die Schüler konnten die Verbindung zu aktuellen Fragestellungen herstellen“, freut sich Weiß. Denn Rassismus sei leider wieder ein sehr aktuelles Thema.