Hattingen. Reaktionen der Hattinger Schulleiter auf die Pläne der neuen Landesregierung für ein neues Fach schwanken zwischen Zuspruch und Skepsis.

  • Die neue schwarz-gelbe Landesregierung plant ein neues Fach Wirtschaft fest zu installieren
  • „Ich wünsche mir eine klare Linie, die vorab feststeht“, sagt Gerd Buschhaus, Gymnasium Holthausen
  • „Wir haben positive Erfahrungen mit einem ein Pilotprojekt“, sagt Realschulleiter Jürgen Ernst

Etwa die Hälfte der Schüler können nichts mit dem Begriff Girokonto anfangen. Die neue schwarz-gelbe Regierungskoalition will dies ändern und deshalb Wirtschaft als Pflichtfach an den Schulen etablieren. Im Jahr 2020 soll der Schritt umgesetzt werden. Hattinger Schulleiter schwanken zwischen Zuspruch und Skepsis.

„Ich wünsche mir für die Einführung des Fachs eine klare Linie, die vorab feststeht“, sagt Gerd Buschhaus, Leiter des Gymnasiums Holthausen. Die Erfahrung lehre ihn, dass es oft umgekehrt der Fall sei und die Schule die Rolle des Zulieferers übernehme. Er gibt zu bedenken: „Die Stundenpläne der Schüler sind voll.“ Komme etwas hinzu, müsse an anderen Stelle etwas wegfallen.

Basiswissen über Politik und Sozialwissenschaft

Buschhaus stellt nicht infrage, dass Schüler wichtiges Basiswissen zu wirtschaftlichen Abläufen vermittelt werden muss. Doch das sei bereits jetzt gegeben, über Politik und Sozialwissenschaft. „Und wenn etwas nicht auf dem Lehrplan steht, werden entsprechende Unterrichtseinheiten vorbereitet.“ Auch personell sind nicht alle Fragen geklärt: Welche Qualifikationen braucht eine Lehrkraft, um Wirtschaft unterrichten zu dürfen? „Für uns wäre es leichter, eine neue Fremdsprache als Unterrichtsfach einzuführen“, sagt Buschhaus. ­Dafür wäre ein Fahrplan gesetzt.

Anette Christiani, neue Leiterin am Gymnasium Waldstraße, sieht es ganz ähnlich. „Eigentlich wird das Fach bereits abgedeckt“, sagt sie. Ergänzende Projekte, wie die Gründung einer Schülerfirma, gewichte sie jedoch stärker in ihrer Wichtigkeit, als den sozialisierten Fachunterricht. „Das Fach muss aber additiv sein“, betont sie. „Nichts darf gegen etwas anderes ausgetauscht werden.“ Eine mög­liche Rückkehr zu G9 biete in ihren Augen reichlich Raum, um das zusätzliche Jahr entsprechend zu füllen.

Ernst sieht Wirtschaftslehren gut im Lehrplan verankert

Die Realschule Grünstraße und die Gesamtschule Hattingen in Welper haben dagegen schon Erfahrungen mit dem Fach Wirtschaft sammeln können. „Vor einigen Jahren gab es bei uns an der Schule ein Pilotprojekt, bei dem wir positive Erfahrungen sammeln konnten“, sagt Realschulleiter Jürgen Ernst. Dazu sei Wirtschaft im Wahlpflichtunterricht verankert, also in der Sozialwissenschaft und im Fach Politik/Ökonomische Grundbildung (kurz: Pög). „Das Fach wurde von den Schülern jedoch nicht gewählt, wahrscheinlich weil der Name recht sperrig wirkt.“ Dennoch sehe Ernst die Wirtschaftslehren gut im Lehrplan verankert.

An der Gesamtschule werden Hauswirtschaft, Technik und Wirtschaft in der Arbeitslehre kombiniert. Je nach Jahrgang werden die einzelnen Teilbereiche anders gewichtet. „Der Unterricht umfasst Themen wie die unterschiedlichen Formen der Erwerbsarbeit oder den Produktionsablauf in Handwerk und Industrie“, sagt Schulleiterin Elke Neumann. Das Fach habe einen hohen Stellenwert und mache den Schülern großen Spaß. „Manche wollten sich im Unterricht sogar mit der Steuererklärung beschäftigen“, erzählt die Leiterin. Ergänzt wird der Lehrplan durch Aktionen wie die Teilnahme am Planspiel Börse, bei dem sich auch andere Hattinger Schulen engagieren. Daher stehe sie der Einführung des Pflichtfachs Wirtschaft aufgeschlossen gegenüber.