Hattingen. . Betroffene engagiert sich seit der ersten Stunde fürs Café Sprungbrett in Hattingen. Sie lässt sich von Süchtigen „nichts vom Pferd erzählen“.

„Wenn jemand kommt und mir Geschichten erzählt, dann sage ich manchmal: Ich bin selber suchtkrank, mir kannst Du nichts vom Pferd erzählen. Und dann fängt mein Gegenüber noch mal von vorne an. Und dann stimmt die Geschichte“, erzählt eine Frau, die den Weg aus der Alkoholsucht gefunden hat, anonym bleiben möchte und sich inzwischen im Café Sprungbrett engagiert. Sie gehört zu den Café-Nutzern und -Helfern der ersten Stunde.

59 Jahre ist sie heute alt. Und sie sagt: „Meine zweitbeste Entscheidung im Leben war, mir Hilfe zu suchen. Meine beste, meine Kinder zu bekommen.“ Sie gaben damals den Ausschlag, sich Hilfe zu holen. „Wenn sie im Raum zusammensaßen und ich kam rein, gingen sie raus, sagten: Mama, Du bist komisch.“ Am Ende kümmerte sich gar ein Kind um die Geschwister, weil sie es nicht mehr schaffte.

„Das ist alles eine Frage des Timings“

Weil ihre Ehe „nicht so göttlich war“, umschreibt sie, trank sie. „Ich sah damals nur die Möglichkeit, mich umzubringen oder zu trinken.“ Wie schwierig es war, den Alltag mit dem Alkohol zu meistern, weiß sie noch ganz genau: „Morgens trinkst du dir erst mal einen Pegel an, wenn die Kinder aus dem Haus sind, dann achtest Du drauf, dass Du mittags wieder gerade gucken kannst. Das ist alles eine Frage des Timings. Irgendwie kommt man dann durch den Tag – und wenn die Kinder im Bett sind, dann geht es weiter.“

In ihrer Gruppe in der Caritas – dort machte sie über sechs Jahre Einzelgespräche und Gesprächsgruppen – erfuhr sie damals, dass die Gründung des Cafés Sprungbrett anstand. Die Gruppenleiterin fragte sie, ob sie nicht mal Lust hätte, sich da ehrenamtlich zu engagieren.

Schüler sind ganz still, wenn Betroffene erzählt

„Damals war ich gerade frisch trocken und natürlich unsicher. In den ersten Jahren habe ich die Mitarbeiter hier auch viel um Rat gefragt und vollgequatscht“, erinnert sie sich. Heute hört sie zu. Erzählt auch mal Schülern von ihrer Sucht. „Die sind dann mucksmäuschenstill“, berichtet sie. Die Atmosphäre im Café gefiel ihr damals – und tut es auch immer noch.

Und wenn sie heute auf einer Party ist, auf der Alkohol getrunken wird, „dann gehe ich weg, wenn die ersten anfangen zu lallen“. Das nämlich kann sie gar nicht haben.