Hattingen. . Jugendliche sollen in Projekten auf das Berufsleben vorbereitet werden. Gleichzeitig hoffen die Unternehmer, sich so auch Nachwuchs zu sichern.
- Nach der Ausbildungsmesse im Reschop-Carré gründete sich die Initiative „Hattingen bildet aus“
- Unternehmer sehen die Notwendigkeit, sich selbst bei den Jugendlichen bekannt zu machen
- Das Angebot soll die Aktivitäten von Schulen und Instituten ergänzen. Übungsfirmen geplant
Jammern über den Mangel an Auszubildenden – das ist nicht das Ding von Sabine Zumsande. Und auch nicht das der Unternehmer, die sich jetzt nach der Hattinger Ausbildungsmesse zu einem Netzwerk zusammenschließen und die Initiative „Hattingen bildet aus“ ins Leben rufen.
„Wir müssen nicht auf die Jugendlichen warten. Wir müssen zu ihnen hingehen, uns präsentieren“, ist die zertifizierte selbstständige Buchhalterin überzeugt. Die Ausbildungsmesse im Reschop Carré sei ein richtiger Schritt. „Aber eine solche Messe ist nur punktuell.“ Es müsse mehr folgen. Ideen sind reichlich da. Ein einheitliches Praktikumsregister für Hattingen schwebt ihr vor. „Außerdem müssen wir selbst mehr in die Schulen gehen. Wir wollen Praktika und Projekte anbieten, um eine Idee von den Berufen zu vermitteln.“
In Übungsfirmen Erfahrung sammeln
In Übungsfirmen sollen Jugendliche Verantwortung übernehmen. Es soll Projekte geben – wie eine Modenschau, bei der Jugendliche, die sich für den Frisör- oder Kosmetikberuf oder für Modedesign interessieren, „alles selbst vorbereiten. Aber das ist nur eine mögliche Idee. Es gibt viele andere, die so schnell wie möglich umgesetzt werden sollen“, sagt die 47-Jährige. Beim Kontakt mit den Firmen können beide Seiten feststellen, ob die Chemie stimmt. „Im besten Fall kann das zu einem Ausbildungsverhältnis führen.“
Sabine Zumsande hat selbst zwei Töchter (18 und 21 Jahre alt) und weiß damit, wovon sie spricht. Sie hat die Perspektivlosigkeit von Jugendlichen erlebt – „egal aus welcher Bildungsschicht“. Den Grund macht sie unter anderem im Elternhaus aus. Auch wenn sie weiß, dass sie sich damit keine Freunde macht. „Ich bin ein streitbarer Mensch. Aber viele Eltern geben zu viel an Erzieher und Lehrer ab.“ Eltern sollten Kindern auch mal Dampf machen.
Unternehmerin fragt sich: Wo sind die Hattinger?
Sabine Zumsande, die auch gelernte Industriekauffrau ist, wuchs mit vier Geschwistern auf, hat auf der Hütte Bürogehilfin gelernt und arbeitet seit ihrem 16. Lebensjahr. „Seit ich 21 bin, bilde ich aus.“ 2004 machte sie sich selbstständig, 2011 bezog sie das Büro an der August-Bebel-Straße. Vier Mitarbeiter zählt ihr Unternehmen. Zertifiziert ist sie zudem als Existenzgründerberaterin. Wert legt sie auf engen Kundenkontakt und eine gute Arbeitsatmosphäre im Büro – wo es einen eigenen Sportraum gibt.
Bei den Berufserkundungstagen hat Sabine Zumsande sich in letzter Zeit geärgert. Zwar fanden Schüler aus Velbert und Witten zu ihr, „aber wo sind die Hattinger?“ Sie leitet daraus auch die Notwendigkeit ab, dass sich die Firmen selbst bei Schülern bekannter machen müssen. Sie empfiehlt Jugendlichen außerdem, die Angebote der Industrie- und Handelskammer zur Berufswahl zu nutzen.
Ende Mai erstes Treffen zur Vereinsgründung
Ende Mai treffen sich die Unternehmer, die mitmachen bei der Initiative. „Wir wollen einen Verein gründen. Denn dann können wir uns auch um Fördermittel bewerben. Wir wollen ein langfristiges Angebot gewährleisten.“
Zu den bestehenden Aktivitäten der Schulen und Institute soll durch den Verein ein deutliches Zeichen von den Unternehmern gesetzt werden. Firmen, die mitmachen wollen, sind willkommen.
Hattinger Ausbildungsmarkt-Zahlen
April 2017: 163 gemeldete Azubi-Stellen, 260 Bewerber, 117 unbesetzte Ausbildungsstellen, 120 unversorgte Bewerber.
Im Vergleich zu April 2016: 38 gemeldete Azubi-Stellen weniger bei gleicher Bewerberzahl. Und: 23 unbesetzte Ausbildungsstellen weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl unversorgter Bewerber nahm um 15 ab.