Hattingen. . Horst Dieter Zinn hat Hattingen und seine Menschen damals und heute im Bild festgehalten. Ausstellung im Gebläsehaus dokumentiert Veränderungen.

  • Blick nach 30 Jahren auf eine veränderte Stadt und veränderte Menschen
  • Horst Dieter Zinn hält Straukturwandel in 50 alten und neuen Fotos fest
  • Besucher werden im Gebläsehaus ab Freitag eingebunden ins Geschehen

„Eine Heimat geht bankrott“ war Horst Dieter Zinns Fotoreportage des Hattinger Hüttenkampfes 1987 in der Zeitschrift Geo überschrieben. 30 Jahre später ist der Hanseat wiedergekommen und hat erneut die Stadt und ihre Menschen fotografiert. Seine Ausstellung, die am Freitag im Gebläsehaus des Industriemuseums eröffnet wird, markiert das „Ende der Schonzeit“ für Hattingen.

Die Trauerarbeit ist geleistet

Geschont hat sich keiner. Die Malocher früher nicht, die keinen Kraftsport brauchten, sondern Muckis bei der Arbeit bekamen. Der muskelbepackte Kletterer mit Tätowierung, der sich in der Freizeit am ausrangierten Industriegerät hochzieht, auch nicht. Nach 30 Jahren wird kein Bankrott erklärt, niemand zum Abschuss freigegeben wie in der freien Wildbahn. Aber: „Die Trauerarbeit ist geleistet. Hattingen ohne Hütte, geboren 1987, ist erwachsen geworden. Ende der Schonzeit“, stellt Museumsleiter Robert Laube fest. Hattingen habe die Hütte zwar in seiner DNA, befinde sich aber auf der anderen Seite des Strukturwandels und wolle nicht mehr getröstet werden.

Vom Montanen zum Urbanen

Dirk Zache, Direktor des Industriemuseums, verweist auf die seltene Gelegenheit, sich nach 30 Jahren erneut ein Bild zu machen und einen Blick auf eine veränderte Stadt und veränderte Menschen zu werfen.

Frank Schäckermann, der die Ausstellung gestaltete, und Gülay Özverim, von der der Katalog stammt, wollten die etwa 50 Arbeiten nicht einfach im Gebäude platzieren, sondern mit dem Raum arbeiten.

Menschen wie der Kommunist Erich Erdmann werden in der Ausstellung porträtiert.
Menschen wie der Kommunist Erich Erdmann werden in der Ausstellung porträtiert. © Walter Fischer

Nicht nur von Stadt und Menschen damals und heute gibt es Bilder, die den Bogen spannen vom Montanen zum Urbanen. Der Besucher selbst ist nicht nur Betrachter. Er wird eingebunden ins Geschehen, sieht sich in konkaven und konvexen Spiegeln. Und macht sich ein Bild auch von sich selbst, während er Fotos von Hüttenwerkern mit Pfarrer Klaus Sombrowski vor der Kirche betrachtet, von Kneipen und Billard als Treffpunkt. Von Menschen heute, die dank Smartphone wieder die gebückte Haltung von Hominiden entwickeln. „Medien verändern den Menschen“, sagt Horst Dieter Zinn. Aber auch der Umgang mit dem Bild habe sich verändert, die Glaubwürdigkeit des Bildes ebenfalls.

Bürgermeister Dirk Glaser wird nicht nur zur Eröffnung präsent sein, sondern auch auf einem Foto im modernen Büroambiente. Der verstorbene Günter Wüllner, 1987 Bürgermeister, ist mit einem Karnickel abgebildet. Schon vor 30 Jahren war Zinn „bewusst, dass ich hier eine Gegenwart fotografiere, die bereits zur Vergangenheit gehört“.