Hattingen. . Vor 30 Jahren veröffentlichte die WAZ kurze Texte auf Platt. Das sprachen damals noch viele Hattinger, heute sind nur noch wenige übrig.

  • Platt sprechen ist für Heinz Oberdellmann ein sprachlicher Genuss
  • Er lernte die Sprache von einem Nachbarn, die Familie sprach dagegen Hochdeutsch
  • Plattdeutsch ist nicht gleich Plattdeutsch, es gibt regionale Unterschiede

Vor 30 Jahren titelte die WAZ „Dat kleene Dier suupt nich völl“, was so viel heißt wie: „Das kleine Tier trinkt nicht viel“. Plattdeutsch sprachen damals noch viele Hattinger, heute sind es nur noch wenige.

Platt küren, also Plattdeutsch sprechen, ist für Heinz Oberdellmann immer noch ein sprachlicher Genuss. „Ich freue mich, wenn ich mal jemanden treffe, der noch Platt sprechen kann“, sagt der 76-Jährige. Er ist sich sicher, „Platt hört sich einfach schöner an“. Dabei haben seine Eltern ihm das Plattdeutsche nicht beigebracht. „Es wurde nur Hochdeutsch gesprochen. Ein Nachbar, der ausschließlich Plattdeutsch sprach, hat es mir beigebracht“, erinnert sich der Landwirt.

Die Drüppelminna fürs Beerdigungs-Kaffeetrinken

Mit seinen Kindern hat Oberdellmann dann aber auch nur Hochdeutsch gesprochen. „Sie hatten kein Interesse daran, Platt zu lernen“, sagt er. Dabei gibt es Worte, die nur schwer übersetzt werden können. „Drüppelminna“, sagt Oberdellmann und deutet auf eine alte Kaffeekanne mit einem kleinen Absperrhahn. „Die wurde früher beim Beerdigungs-Kaffeetrinken benutzt, ein hochdeutsches Wort kenne ich dafür nicht“, gibt er zu.

Die Geschichten zum Wochenende gehörte vor 30 Jahren dazu.
Die Geschichten zum Wochenende gehörte vor 30 Jahren dazu. © Volker Speckenwirth

Einer der wenigen, mit denen sich Heinz Oberdellmann noch auf Platt unterhalten kann, ist Karl-Heinz Siepmann. Der 77-Jährige ist mit Platt aufgewachsen: „Meine Eltern sprachen nur Platt, meine Großeltern, ebenso mein Ausbilder und alle Mitglieder des Gesangsvereins.“ Wenn die beiden Männer auf Platt loslegen, bleibt keine Silbe Hochdeutsch mehr übrig. „Dat Wams dat es die äwe en bietgen spuchtig“, scherzt Heinz Oberdellmann. Für diejenigen, die des Plattdeutschen nicht mächtig sind: Die Jacke ist dir aber ein bisschen zu eng. Karl-Heinz Siepmann nimmt es mit Humor. „Auf Platt hört sich alles netter an“, sagt er. In einem sind sie sich einig: „Plattdeutsch ist eine alte Tradition, die gepflegt werden sollte.“

Regionale Unterschiede

Übrigens: „Platt ist nicht gleich Platt und vor allem kein Ruhrpott-Slang“, betonen Oberdellmann und Siepmann. Auch beim Plattdeutsch gibt es regionale Unterschiede.

Dass immer weniger Hattinger Platt sprechen, führen Heinz Oberdellmann und Karl-Heinz Siepmann auf die Mobilität der Menschen zurück und eine veränderte Noberschopp (Nachbarschaft). „Früher besuchte man seinen Nachbarn oft und sprach dann auch Platt. Heute leben die Menschen mehr für sich. Platt sprechen muss aber geübt werden, sonst geht es verloren“, erklärt Oberdellmann. Einen Text auf Platt können die beiden heute nicht mehr exakt übersetzen. „Das Plattdeutsche hat sich mit der Zeit verändert, früher gab es andere Eigenheiten. Außerdem ist es schwer, plattdeutsche Literatur zu bekommen“, weiß Karl-Heinz Siepmann. Also bleibt den beiden Plattdeutsch-Freunden nur die Möglichkeit, gemeinsam Platt zu küren.