Hattingen. Sie lagen im Schrank und keiner hat mehr daran gedacht: Nun verkauft die Stadt Hattingen 507 vergessene Schmuckstücke. Und macht Gewinn.
- Zumindest finanziell findet die Posse um 507 Schmuckstücke im Büroschrank ein gutes Ende
- Obwohl ein zweites Gutachten erstellt werden musste, sind bisher 2000 Euro Gewinn verbucht
- Zweites Wertgutachten kostete 3402 Euro, das erste war nicht mehr zu finden
Die Stadt ist unter die Schmuckhändler gegangen. Sie verkauft und versteigert zurzeit 507 Schmuckstücke, die im Sozialamt jahrelang in einem Büroschrank in Vergessenheit geraten sind. Obwohl ein zweites Wertgutachten erstellt werden musste, wird die Stadt der Verwaltungsposse nicht auch noch Geld hinterherschießen müssen. Mitte März lagen die Erlöse um 2000 Euro über den Ausgaben.
Da befasste sich der Rechnungsprüfungsausschuss in nicht öffentlicher Sitzung zum zweiten Mal mit dem Thema. Die unglaubliche Geschichte beginnt in den 1990er-Jahren mit einer Razzia der Polizei in einer Notunterkunft an der Bochumer Straße. Bei einem Familienclan werden mehr als 500 Armbänder, Ringe, Uhren und Broschen und andere Schmuckstücke gefunden. Sie kommen in die Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft Dortmund, die einen kriminellen Hintergrund untersucht. 2003 landen die Wertstücke bei der Stadt Hattingen, die noch finanzielle Forderungen an die Familie hat. Vorschriftsmäßig werden sie im Tresor der Stadtkasse aufbewahrt. Zwei Jahre später werden 517 der ursprünglich wohl 544 Schmuckstücke von einem Gutachter untersucht und geschätzt.
Versteckt unter einer Kiste mit Büromaterialien
Dann kehren sie in die Obhut der Stadt zurück, allerdings nicht mehr in den Tresor. Niemand scheint sie zu vermissen. Bis am 13. August 2015 eine Mitarbeiterin im Sozialamt in einem offen zugänglichen Schrank unter eine Kiste mit Büromaterial schaut – und einen Karton mit Schmuckstücken entdeckt.
Die damalige Stadtspitze stellt Strafanzeige gegen Unbekannt, da offensichtlich nicht mehr alle seinerzeit sichergestellten Gegenstände vorhanden sind. Dazu wird es kein Verfahren geben. Die Staatsanwaltschaft Essen sieht keinen Anfangsverdacht für eine Straftat.
Schmuck ist Eigentum der Stadt
Sicher ist inzwischen auch, dass der Schmuck rechtlich ins Eigentum der Stadt Hattingen übergegangen ist und verwertet werden kann. Problem: Das 2005 erstellte Wertgutachten liegt nicht mehr vor. Und auch eine Kopie hat sich im Rathaus nicht gefunden.
Also musste ein zweites Gutachten her. Kosten: 3402 Euro. Das aus dem Jahr 2005 hatte 2577 Euro gekostet. Diesen Ausgaben von 5979 Euro stehen jetzt Einnahmen in Höhe von 7968 Euro gegenüber. Die Stadt verkauft den Schmuck auf drei Ebenen. 38 der 507 Wertstücke werden in einem Internet-Auktionshaus versteigert. Neun brachten bisher 557 Euro. Weitere 133 Teile hat – dem Gutachten entsprechend – ein örtlicher Juwelier zum Materialwert von 7411 Euro gekauft. 336 Modeschmuckstücke werden als Paketangebote im Internet verkauft.