Hattingen. . Eine Sicherheitskraft hat nach einer Auseinandersetzung mit einem Iraker in einem Hattinger Flüchtlingsheim einen Bandscheibenvorfall erlitten.

  • 20-Jähriger hatte acht Dosen Bier getrunken und sollte für eine Nacht Hausverbot bekommen
  • Gericht hofft auf Tagesstruktur durch Arbeitseinsatz für jungen Iraker
  • Angeklagter floh 2015 allein über die Balkanroute nach Deutschland

„Hau ab, der will dich abstechen“ sollen Sozialarbeiter den Mann vom Sicherheitsdienst an der Nierenhofer Straße nach einem Handgemenge mit einem jungen Flüchtling aufgefordert haben. Für den 20-Jährigen aus Bagdad, der der Körperverletzung unter Alkoholeinfluss vor dem Jugendgericht angeklagt war, wird Langeweile bald ein Fremdwort sein. Er bekam eine Arbeitsauflage von 40 Wochenstunden.

„Schaden von Bewohnern abgewehrt“

Der Grund war eine Körperverletzung am 30. Oktober gegen 1.30 Uhr im Heim an der Nierenhofer Straße. Der Angeklagte hatte selbst das Gefühl, „nicht viel getrunken“ zu haben nach acht Dosen und damit wahrscheinlich vier Litern Bier in einem Zeitraum von vier Stunden. Er sollte für die Nacht Hausverbot bekommen und von der Polizei abgeholt werden.

Der 45 Jahre alte Sicherheitsfachmann aus Bochum gab an, einen Angriff abgewehrt und sich auf die Brust des Angeklagten gesetzt zu haben, „um weiteren Schaden von den Bewohnern abzuwehren“. Der Angeklagte habe ihm das Knie in den Rücken gerammt, was einen Bandscheibenvorfall zur Folge hatte.

Der junge Mann hat schon einen geringfügigen Diebstahl begangen und spricht „ein wenig Deutsch“, hat aber noch keinen Sprachkursus besucht.

Jugendgerichtshelfer schlug den Arbeitseinsatz vor

Den Arbeitseinsatz bei der Diakonie schlug Jugendgerichtshelfer Thomas Behr vor, der sich Mitte März mit dem Angeklagten unterhalten hatte. Dieser habe sich 2015 allein auf der Balkanroute nach Deutschland durchgeschlagen. Als Grund für die Flucht habe er Liebeskummer angegeben. Die Eltern der Freundin seien gegen die Verbindung gewesen. Da eine Reife­verzögerung nicht auszuschließen war, wurde Jugendstrafe angewandt.

Die Eltern des jungen Irakers, der die Schule bis zur vierten oder fünften Klasse besucht und vier Brüder und eine Schwester hat, betreiben ein Restaurant, in dem der heute ­20-Jährige half. Behr hatte den jungen Mann, der sich als Analphabet bezeichnet habe, der nicht lesen und schreiben könne, nach sportlichen oder anderen Aktivitäten hier gefragt, „aber da ist sehr wenig ge­kommen“.

Das soll sich jetzt ändern. Der Alltag des 20-Jährigen soll durch die Arbeitsmaßnahme Tagesstruktur bekommen, den jungen Mann in Schwung bringen und ihn vom Alkoholkonsum abhalten. Eine Woche hat er Zeit sich zu überlegen, ob er in Berufung geht. Er erklärte aber in der Verhandlung am Amtsgericht, auf Rechtsmittel zu verzichten.