Hattingen. Erweiterte Untersuchungen bieten ein Plus an Vorsorge. Aber: 200 Eltern nehmen diese Chance nicht wahr. In diesen Fällen hakt die Stadt nach.

  • Erweiterte Untersuchungen bieten jetzt ein Plus an Vorsorge
  • Aber: 200 Eltern nehmen diese Chance für ihre Kleinen nicht wahr
  • In diesen Fällen hakt die Stadt nach und schreibt die Betroffenen an

Den Kindern in Hattingen geht es gut. „Wir haben viele fürsorgliche Eltern“, bestätigen die Kinderärzte Dr. Peter Stoll und Dr. Antje Erencin. Trotzdem sind im vergangenen Jahr rund 200 Eltern mit ihren Kinder nicht zu den Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt erschienen. „Die Eltern werden vom Jugendamt angeschrieben, und aufgefordert, die Untersuchung nachzuholen“, erklärt Susanne Wegemann, Pressesprecherin der Stadt. „Rund fünf Prozent nehmen nicht regelmäßig an den Vorsorgeuntersuchungen teil“, schätzt Stoll. „Meistens sind das Familien aus anderen Kulturkreisen. Ist das Kind krank, kommen sie sofort in die Praxis. Nur Prävention ist dort nicht so verbreitet“, sagt Erencin.

Bundesweit wurden jetzt die Früherkennungs-Untersuchungen für Kinder und Jugendliche noch einmal erweitert. „Sie bringen ein Plus an Vorsorge“, ist sich Stoll sicher.

Psychische Gesundheit erfassen

Die Untersuchungen U1 bis U9 - für Neugeborene und Kinder bis ins sechste Lebensjahr hinein (64. Lebensmonat) – sind komplett überarbeitet worden. Erstmals sollen die Untersuchungen den psychischen Zustand des Kindes erfassen. Der Grund: Das Robert-Koch-Institut ermittelte in seiner Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, dass jedes fünfte Kind zwischen drei und 17 Jahren Hinweise auf psychische Störungen aufweist. Besonders häufig sind ADHS, das auch Zappelphilipp-Syndrom genannt wird, und Essstörungen.

Erencin, die auch Psychotherapeutin ist, hat bereits vor der Erweiterung wert auf die seelische Gesundheit der Kinder gelegt. Aber: „Jetzt bleibt mir viel mehr Zeit, um die seelische Situation des Kindes einordnen zu können“, so die Kinderärztin. Als großes Problem nimmt sie die Mediennutzung der Eltern wahr: „Leider beschäftigen sich manche Eltern zu oft mit ihrem Smartphone und setzen ihr Kind dann vor den Fernseher. Sie vergessen dabei, dass Kinder nur über direkte Kommunikation eine normale Sprachentwicklung durchlaufen können, also nur, wenn man genügend mit ihnen spricht“, so die Kinderärztin.

Schwerpunkt auf zahnärztlicher Frühprävention

„Wir haben bei den Vorsorge-Untersuchungen lange Handlungsbedarf gesehen“, erklärt Sara Rebein von der Barmer-Krankenkasse. Sie hielt die alten Richtlinien für nicht ausreichend. Die neuen Vorsorgeuntersuchungen seien besser, trotzdem bietet die Barmer ergänzende Untersuchungen. „Die J2 ist für Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren. Außerdem legen wir einen Schwerpunkt auf die zahnärztliche Frühprävention für Kinder zwischen dem 6. und 30. Lebensmonat“, so Rebein.