Hattingen. Am Donnerstag, 19. Februar 1987, taumelt die Stadt einige Stunden umher – ehe Gewerkschafter Otto König den Hüttenkampf für Hattingen ausruft.

Hiobsbotschaft. Schock. Katastrophe. Hattingen,19. Februar 1987: 2900 von 4700 Arbeitsplätzen werden an diesem Tag durch die Vorstände der Thyssen Stahl und der Thyssen-Henrichshütte gestrichen. Die 4,2-Meter-Walzstraße und die beiden Hochöfen werden stillgelegt, Mitarbeiter beim Werkschutz, bei der Feu­erwehr und in allen nicht­produzierenden Bereichen verlieren ihre Lebensgrundlage, ihren Job. Hattingen am Boden, die Lebensplanung von Tausenden wird mit einem Schlag zerstört.

Wie eine Abrissbirne trifft die Erklärung über das Hütten-Aus die Mitarbeiter an diesem Donnerstagmorgen: „Es wurden mehrere Varianten zur Beseitigung der Verluste untersucht, insbesondere Weiterbetreiben der Grobblechstraße in Hattingen und Duisburg-Süd, Konzen­tration der Grobblecherzeugung auf die 3,7-Meter-Straße in Duisburg-Süd, Konzentration der Grobblecherzeugung auf die 4,2-Meter-Straße in Hattingen. Das Ergebnis dieser Untersuchung zeigt, dass mit dem Weiterbetrieb beider Straßen trotz tiefgreifender Rationalisierungsmaßnahmen die Verlustsituation nicht beseitigt werden kann.“ Was zur Folge hat, dass in Duisburg weiterproduziert wird und in Hattingen 2900 betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden. Lediglich die Weiterverarbeitung soll auf der Henrichs­hütte eine Zukunft haben.

Nicht nur dem Betriebsrat fehlen die Worte

„Wir sind geschockt! Wir sind fertig!“ Nicht nur dem Betriebsrat fehlen an diesem Tag die Worte, für einige Stunden taumelt die Stadt umher. „Das ist die absolute Katastrophe“, sagt Eberhard Riefenstahl, Dienststellen-Chef des Arbeitsamtes. „Das verschlägt einem die Sprache“, meint der Einzelhandelsverbands-Vorsitzende Hubert Sombrowsky. Einigkeit herrscht in einem Punkt: „Die Folgen sind noch gar nicht abzusehen!“

„Die wollen unseren Stahlstandort kaputtmachen“, sagt auch der IG-Metall-Bevollmächtigte Otto König in ungewohnt knappen Worten. Doch er fasste auch schnell Mut: „Unser Kampf wird jetzt erst richtig losgehen!“

Dieser Satz war ein Signal, das Signal für den Hüttenkampf.

Und mit ihm lebte Hattingen auf, leidenschaftlich, kompromisslos. Mit dem Hüttenkampf des Jahres 1987 schafften die Arbeiter, ihre Familien und Freunde, Politiker und Kirchenvertreter, Vereine und Verbände, die Bürgerinnen und Bürger eine Zukunft für ihre Stadt.