Hattingen. 65 Prozent aller erwerbstätigen Hattinger arbeiten in anderen Städten. Stadtplaner Jens Hendrix hält das für nachvollziehbar - und nicht schlimm
- Knapp 65 Prozent aller erwerbstätigen Hattinger arbeiten in anderen Städten
- Stadtplaner Jens Hendrix hält das für nachvollziehbar - und nicht schlimm
- Steigende Einwohnerzahlen deuten auf hohe Lebensqualität hin
Zwei von drei Hattinger Berufstätigen arbeiten nicht in ihrer Heimatstadt. 17.566 der insgesamt 27.172 Erwerbstätigen – das sind 64,6 Prozent – verdienen ihr Geld außerhalb der Stadtgrenzen. Nur 9606 Personen leben und arbeiten hier. So steht es im aktuellen Pendleratlas des Statistischen Landesamtes, der sich auf Daten aus dem Jahr 2015 stützt.
Anders sieht das bei den Einpendlern aus. 8442 Berufstätige fahren ihren Arbeitsplatz in Hattingen aus anderen Städten an. Das sind 46,8 Prozent der insgesamt 18.048 in unserer Stadt gemeldeten Erwerbstätigen.
Viele fahren bis nach Köln
Auffällig ist, dass der Pendlerverkehr zwischen Bochum und Hattingen die Tabelle in beiden Fahrtrichtungen anführt, und das mit weitem Abstand. 3905 Hattinger pendeln zum Job nach Bochum, 2509 Bochumer verdienen ihr Geld in Hattingen. Ein Zeichen für die besondere Nähe, die diese beiden Städte verbindet. Auch die folgenden Städte auf den Pendlerlisten sind Nachbarkommunen. Bei den Auspendler-Städten folgen auf Bochum Essen, Sprockhövel, Wittten und Wuppertal, bei den Einpendler-Kommunen sind es Sprockhövel, Essen, Witten und Velbert.
In der Liste der 15 beliebtesten Auspendlerstädte ist Köln mit gut 50 Kilometern am weitesten entfernt. Bei den Einpendlern ist es Dortmund mit 25,5 Kilometern.
Lebensqualität als Markenzeichen
Allgemein bekannt sind Kommunen mit einem hohen Anteil an Auspendlern als „Schlafstädte“ – die Menschen schlafen hier und arbeiten woanders. Den negativen Beigeschmack des Begriffs kennt natürlich auch Jens Hendrix. Der Baudezernent und Stadtplaner hält aber aus einem anderen Blickwinkel dagegen.
„Wenn es so vielen Menschen in unserer Stadt so gut gefällt, dass sie hier wohnen wollen, ist das doch prima“, meint der Bochumer. „Es ist ein Kennzeichen für hohe Lebensqualität. Wir sollten es als Markenzeichen sehen und selbstbewusst damit umgehen.“
Einwohnerzahl steigt trotz Sterbeüberschuss
Natürlich liegt diesem Markenzeichen ein Defizit zugrunde. Hattingen kann viele Jobs, viele Berufsfelder schlicht und einfach nicht anbieten. „Das ist nun einmal so. Und daran wird auch die gute Arbeit unserer Wirtschaftsförderung nichts ändern“, sagt Hendrix. „Bochum und Essen sind viel größer, haben Universitäten, Autobahnanschlüsse, große Gewerbeflächen. Da kann Hattingen natürlich nicht mithalten.“
Wichtig ist dem Stadtplaner in diesem Zusammenhang der Hinweis auf die Einwohnerentwicklung. Seit 2012 steigt die Zahl der Hattingerinnen und Hattinger wieder an. Überschaubar zwar, aber stetig. An steigenden Geburtenzahlen liegt das nicht. Der Sterbeüberschuss bleibt enorm.
„Wenn das so ist“, sagt Jens Hendrix, „heißt das doch, dass Menschen in anderen Städten arbeiten und nach Hattingen ziehen, weil sie hier wohnen wollen.“ Womit wir wieder bei der Lebensqualität wären. Und beim Markenzeichen.