Hattingen. . Über Langeweile kann sich Familie Nüfer in der Porbecke derzeit nicht beklagen. Seit 50 Jahren werden auf dem Bauernhof Weihnachtsbäume verkauft.

  • Gut 4000 Tannenbäume werden pro Saison auf dem Hof der Familie Nüfer verkauft
  • Etwa 70 Prozent der Hofeinnahmen kommen aus dem Verkauf von Weihnachtsbäumen
  • Viele Kunden wollen keine normierten Bäume für das Weihnachtsfest

Wann die Harz-Reste an den Händen verschwinden? Lennart Nüfer schaut kurz zur Küchendecke, als finde er dort eine passende Antwort, nimmt einen Schluck Feierabend-Kaffee und schmunzelt. „Irgendwann im Januar, wenn der Weihnachtsbaum-Verkauf hinter uns liegt. Bis dahin ersetzt das Zeug die Handschuhe.“ Ganz so dramatisch ist es mit der Hautpflege dann doch nicht, aber das mit der harten Arbeit in den nächsten Wochen, das stimmt. Lennart Nüfer und seine Frau Kerstin Diergardt-Nüfer bewirtschaften gemeinsam den Bauernhof, der in der Region über den größten Bestand selbst angebauter Weihnachtsbäume verfügt. Pro Saison wechseln im Durchschnitt dort gut 4000 Tannenbäume ihren Besitzer. Die Kundschaft kommt aus dem gesamten Ruhrgebiet.

Weihnachtsbäume werden auf 20 Hektar aufgezogen

„Zehn Monate im Bestand arbeiten, zwei Monate verkaufen.“ Auf diese einfache Formel bringt Lennart Nüfer das Jahr. Auf gut 20 Hektar Fläche zieht die Familie ihre Weihnachtsbäume auf – vom Setzling bis zur gebrauchsfertigen Tanne. Als Rasenmäher setzen die Nüfers zehn Schafe in ihren Schonungen ein. Sie gehören gewissermaßen mit zum Team, neben bewährten Saisonkräften, Freunden und Familienmitgliedern. Dem Zufall bleibt im November und Dezember nichts überlassen: Gut 70 Prozent der Hofeinnahmen kommen aus dem Verkauf von Weihnachtsbäumen.

Hoch im Kurs steht bei der Kundschaft – für viele Käufer hat der Ausflug zu den Nüfers Tradition – ganz klassisch die Nordmann-Tanne. Lennart Nüfer schwärmt für die Nobilis, im Volksmund auch als Edeltanne bezeichnet. „Bei der Auswahl unseres eigenen Weihnachtsbaumes experimentieren wir ganz gerne“, sagt der 39-Jährige. „Obwohl wir hier etliche Bäume auf dem Hof stehen haben: Im Haus reicht uns nach wie vor einer.“

Tanken oder Tanne

„Auch wenn das in der Öffentlichkeit gerne mal verdreht wird: Was wir hier machen, ist nichts anderes als Landwirtschaft“, sagt Nüfer beim Ortstermin im Hügelland. Sehr bewusst habe man sich vor vielen Jahren für den Weihnachtsbaum-Verkauf als wirtschaftliches Standbein entschieden. Und auch das bedeutet eine Menge Arbeit im Bestand: „Früher hat man 1000 Weihnachtsbäume einfach mit der Hacke angebaut. Das reicht heute nicht mehr.“ Anpflanzen, düngen, zuschneiden und ernten, wenn es an der Zeit ist – was beim Landwirtschaften eine echte Herausforderung ist, endet beim Weihnachtsbaum-Käufer letzten Endes mit einer Bauchentscheidung: Welche Tanne soll es für das Fest der Feste sein? „Bei gutem Wetter zieht es die Leute in die Schonung“, berichtet Nüfer aus Erfahrung. „Bei starkem Regen holen sie sich in der Regel lieber einen Baum vom Hof.“

Perfektion liegt im Auge des Betrachters

Und das Bauchgefühl ist oft mit Nostalgie verbunden, „wie im Kinderbuch eben“, sagt der Familienvater mit Tochter Emma (7): „Vor Weihnachten zieht Papa mit seinen Kindern los und holt einen Weihnachtsbaum aus dem Wald.“ Wobei Mama natürlich nicht fehlen darf, wenn es um die Optik des Einrichtungsstücks mit Nadeln geht. Wobei die Perfektion immer im Auge des Betrachters liegt, wie die Nüfers wissen. „Viele Kunden wollen einfach keine normierten Bäume – auch wenn anderswo schon längst an genetisch angepasstem Material gearbeitet wird.“

Zu den ersten Kunden auf dem Hof in der Porbecke gehörte vor kurzem ein alter Bekannter der Familie: Stefan Beer ist eigens aus Osnabrück angereist, um sich an diesem Abend gleich zwei Tannen aus Stüter zu holen. „Ich habe viele Jahre ja selbst Weihnachtsbäume verkauft und weiß, was das für einen Spaß macht.“ Sein Motto als Kundenansprache an der Hattinger Esso-Tankstelle an der B 51 war immer: „Tanken oder Tanne?“