Experten der Uni Wuppertal stellten der Politik den ersten Teil des Sportstättenentwicklungsplans vor.Eine Umfrage ergab: Die meisten Hattinger halten sich auf zwei Rädern fit. Aktive Fußballer auf Platz sieben
Fußballfans reiben sich die Augen: Sportart Nummer eins ist in Hattingen der Radsport. Mit einer repräsentativen Umfrage stellen Experten der Uni Wuppertal alle Annahmen auf den Kopf: In der Liste der am häufigsten ausgeübten Sportarten liegt der Kick nur auf dem siebten Rang.
2500 zufällig ausgewählten Hattingern im Alter zwischen zehn und 75 Jahren war im Februar 2008 ein vierseitiger Fragebogen der Stadt ins Haus geflattert. Darin wurden Umfang und Ort der sportlichen Aktivität, Wünsche und Eindrücke zur Qualität der Sportstätten abgefragt.
1076 Bögen kamen ausgefüllt im Rathaus an - eine Rücklaufquote von etwa 44 Prozent. "Das ist eine sehr ordentliche Resonanz", sagt Oliver Hübner, der die Angaben auswertete. Das Institut greift auf Vergleichszahlen aus 68 anderen Städten zurück.
Drei Viertel aller Hattinger beschreiben sich in ihren Angaben als sport- oder bewegungsaktiv. Nur 13,3 Prozent der Befragten treibt dagegen Wettkampfsport. Dazu passt, dass nur ein Fünftel aller Sporttreibenden in Vereinen organisiert ist. Zwei Drittel der Hattinger bezeichnen ihre Sportausübung als regelmäßig. 58,7 Prozent treiben auch im Winter Sport. 35 Prozent der Menschen pendeln zum Sport in andere Städte.
Die Sportlobbyisten unter den Abgeordneten hatten tiefe Sorgenfalten auf der Stirn: Die Rangliste der beliebtesten Sportarten kratzt an der Bedeutung des Fußballs in Hattingen. Radsport liegt mit 32,7 Prozent in der Beliebtheitsskala ganz oben. 29,6 Prozent der Hattinger sind aktive Schwimmer. Fußball (9,0 Prozent) liegt abgeschlagen auf Rang sieben, Handball sogar nur auf Rang 16 (2,3 Prozent). In Nachbarstädten wie Bochum und Herne sieht's nach den Zahlen der Experten übrigens ähnlich aus. Dort ist nur Fußball etwas besser gestellt.
"Mit diesen Zahlen kann man nicht viel anfangen", sagte Heinz-Theo Haske (CDU). Der ehemalige Vorsitzende der Sportfreunde Niederwenigern forderte eine differenzierte Analyse nach Sportarten. "Eine ausführliches Gutachten für den Fußball folgt noch", versicherte Prof. Horst Hübner. Nach der Sommerpause sollen endgültige Ergebnisse vorliegen. Zuvor gibt's noch eine Umfrage mit weiteren 2500 Hattingern.
Thomas Dorndorf-Blömer (SPD) sorgte sich um die korrekte Bewertung des Fußballsportes. "Ich sehe auch ein großes Potential im Frauenfußball", sagte der Trainer einer Mädchenmannschaft.
Auf die endgültige Analyse nach der Sommerpause folgen Vorschläge für die weitere Entwicklung der Sportstätten, für Abriss, Renovierungen und Neubau. Horst Hübner entkräftigte erste Bedenken bei den Abgeordneten: "Sie müssen nicht tausende Plätze und Hallen bauen." Die Leitlinien sollen auch die Ausnutzung einzelner Plätze und die Zeit, in der eine Sportart betrieben wird, berücksichtigen. Vermutlich werden dann Laufen und Reiten die Rangliste der Sportarten anführen.
Einen besonderen Bedarf - das steht jetzt schon fest - gibt es beim Schwimmsport. Etwa 1200 Hattingerinnen und Hattinger können sich vorstellen, regelmäßig schwimmen zu gehen - deutlich mehr als in jeder anderen Sportart. Etwa 1500 hatten in den vergangenen drei Jahren ihre Aktivitäten im Wasser eingestellt. Viele Schwimmer (etwa 40 Prozent) pendeln in die Umgebung, ein Großteil ins Freizeitbad Heveney.
Bürgermeisterin Dagmar Goch formuliert "bewusst plakativ" eine der Fragestellungen, die mit dem Sportstättenentwicklungsplan auf die Politik zukommen werde: "Sollten wir nicht vielmehr in die fahrradfreundliche Stadt investieren als in Sportstätten für Fuballer und Sportarten mit einer hohen Abbrecherquote?"