Hattingen. . 1986 erteilt die Politik einer städtischen Malschule in Hattingen eine Absage – heute gibt es zwei private. Um kulturelle Angebote wird gerungen.
- Vor 30 Jahren lehnt die SPD eine städtische Malschule ab, weil kein Geld und Bedarf dafür da sei
- Inzwischen gibt es zwei private Kunstschulen in Hattingen, die von einem hohen Bedarf berichten
- Im Kulturbereich wird gespart und muss schon um wenige Tausend Euro gerungen werden
Heftig diskutiert wurde vor 30 Jahren über eine städtische Malschule. Schon 1980 war der Versuch, eine solche Einrichtung zu schaffen, gescheitert. Zum einen fehlte das Geld, zum anderen gab es Zweifel am Bedarf. Und bis heute hat es nie eine städtische Malschule gegeben – dafür hat Hattingen inzwischen sogar zwei private Malschulen.
Mit nur einer Stimme Mehrheit gegenüber der CDU, Grünen und DKP lehnte die SPD 1986 den CDU-Antrag ab. Der Grund schon damals: das Geld. 10 000 D-Mark Eingangsleistung hätte die Stadt bereitstellen sollen. Die angespannte Haushaltslage ließe das nicht zu, kommentierte Stadtdirektor Augstein. Hans Hartung (SPD) bezweifelte auch einen möglichen Bedarf.
Zwölf Jahre später, 1998, startete Carmen Meiswinkel ihre Malschule Artifex. „Es war verrückt. Gleich am Anfang gab es so viel Nachfrage, dass das Telefon durchklingelte“, erzählt sie. So habe Sie ursprünglich mit zwei Gruppen geplant, „aber es waren direkt fünf, sechs voll.“ Angebote macht sie für Kinder und Erwachsene, setzt schwerpunktmäßig auf die Studienbegleitung. „Mir ist ein ganzheitlicher Ansatz wichtig, eine individuelle Förderung der Interessent und Stärken“, sagt sie. Darin ist sie sich mit Reinhard Gäbel, der 2008 seine Kunstschule „Die Basis“ eröffnete, einig.
Auch er, der bereits seit 2000 mit seiner mobilen Malschule Angebote in Kitas und Schulen machte, weiß, dass der Bedarf in Hattingen vorhanden ist. „Wir verstehen uns als kulturpädagogische Dienstleister“, erklärt er und betont, dass der Kulturbetrieb für eine Stadt grundsätzlich wichtig sei. „Wir brauchen Kreativität für das Arbeitsleben der Zukunft, in dem es auf flexibles Denken ankommt“, ist er sicher. Allein: „Die Frage ist, wie viel eine Stadt bereit ist, in kulturelle Bildung zu investieren“, überlegt Gäbel. Eine Frage, die sich vor 30 Jahren wie heute stellte.
An der Kultur wurde extrem gespart
Christiane Nicolai, die für die CDU heute im Kulturausschuss sitzt und Vorsitzende des Kunstvereins ist, kennt das Problem: „Es ist schwierig. Die Grundsteuer wird immer höher, den Bürgern wird mehr weggenommen. Da geht kulturelle Vielfalt verloren“, bedauert sie. Auch Ausschuss-Vorsitzende Marlis Fry (SPD) betont, dass in den vergangenen zehn Jahren im Kulturbereich extrem gespart wurde. „Das ist deprimierend, aber wir dürfen den einen Bereich nicht gegen den andern ausspielen, allerdings auch nicht die Kultur kaputtsparen.“
Es gebe genügend Möglichkeiten, Austellungen in Hattingen zu realisieren, stellt Nicolai zufrieden fest. Allerdings auch: „Leuchtturmprojekte wie zehn Millionen Euro für Zeche Zollverein, tun uns in der Provinz weh, denn wir müssen schon für 8000 Euro kämpfen.“ Und Fry ergänzt: „Aber für die Kultur sollten wir immer kämpfen. Wir haben uns vorgenommen, die Musikschule, die VHS, das Stadtmuseum und die Bibliothek so lange zu halten, wie es nur möglich ist.“
VHS bietet kulturelle Bildung
Zwar gibt es keine städtische Malschule, aber die Volkshochschule bietet Kreativkurse an. „Und die tragen Teile der VHS mit. Ohne solche Kurse wäre das Angebot längt eingedampft worden“, meint Nicolai und freut sich, dass die Möglichkeiten gut angenommen würden. Auch Marlis Fry weiß: „Die Veranstaltungen der VHS sind pickepackevoll.“ Entsprechend müsse die Stadt solche Angebote auch weiter vorhalten. Ohne bürgerschaftliches Engagement ginge es aber auch im Kulturbereich nicht, ist die Kultuausschuss-Vorsitzende sicher.
Was 30 Jahre nach der Schlagzeile bleibt: Der Sparzwang bei der Stadt und immerhin zwei Malschulen für den offensichtlich vorhandenen Bedarf der Hattinger.
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