Hattingen. . 47-Jähriger suchte wieder und wieder eine Tankstelle auf, an der er schon bekannt war. Vor Gericht erhielt er nun eine Bewährungsstrafe.

  • Angeklagter gibt an, hungrig und mittellos gewesen zu sein
  • Psychische Erkrankung attestiert
  • TÜV-Plakette mit Schalke04-Aufkleber verdeckt

Er habe Hunger gehabt. Und nicht mal die vier Euro, die er hätte bei der Hattinger Tafel zahlen müssen, sagte der Sprockhöveler V., der 2015 wieder und wieder in Hattingen Tankrechnungen prellte, auch mal Lebensmittel stehlen wollte. An einer Tankstelle war er schon bekannt. Am gestrigen Mittwoch stand er vor dem Schöffengericht.

Angeklagt war er auch wegen Urkundenfälschung – über der TÜV-Plakette seines Motorrads prangte ein Schalke04-Aufkleber – und Sachbeschädigung – er hatte Nachbars Zaun mit einer Kettensäge beschädigt. Doch das waren nur Nebenschauplätze angesichts des Tankbetrugs. An einer Tankstelle an der Martin-Luther-Straße war der Beschuldigte so bekannt, dass eine Zeugin das Kennzeichen des Motorrads auswendig wusste und ein Mal sogar die Tanksäulen sperrte, als der 47-Jährige vorfuhr.

Zwischen zwölf und sechzehn Euro prellte er, wenn er mit dem Motorrad kam, über 100 waren es, als er Auto und Kanister betankte. Dabei machte er sich nicht gleich aus dem Staub, sondern ging oft noch zur Kasse, um mitzuteilen, er könne nicht zahlen, zeigte seinen Ausweis oder sagte: „Schreiben sie es mit auf den Deckel. Ich bin ja bekannt.“ Eine Zeugin sagte aus, dass er sie noch ausgelacht habe, als sie ihn energisch aufgefordert habe, zu bezahlen. Als bedrohlich hatte ihn keiner der Zeugen empfunden. „Er war sehr entspannt, als wenn das Verhalten so normal wäre“, erklärte eine Tankstellen-Angestellte.

Er sei damals arbeitslos gewesen, habe von den Ämtern keine Zahlungen erhalten, argumentierte V., der wiederholt sagte, er habe Hunger gehabt. Und als er sich beim Sozialamt habe Essensmarken holen wollen, habe man dort auch noch die Polizei gerufen, als er sich weigerte, das Büro zu verlassen. „Damit war ich einverstanden. Ich hatte vier Monate lang kein Geld bekommen. Ich war mittellos.“ Von der Polizei habe er sich erhofft, dass sie ihm helfen könne. Angeblich soll er bei dem Hausverweis dann Widerstand geleistet haben. Was er bestritt. Vom Aufkleber auf Plakette, nach der die Hauptuntersuchung des Motorrads überfällig war, will er nichts bemerkt haben.

Seit Januar 2016 steht V. unter Betreuung. Inzwischen ist er in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Niederwenigern medikamentös eingestellt worden. Seitdem sei er nicht mehr auffällig gewesen, so der Betreuer. Als vermindert schuldfähig sah ihn das Gericht wegen der Psychose an, sah außerdem eine gute Sozialprognose. Richter Johannes Kimmeskamp setzte die Haftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten zur Bewährung für vier Jahre aus – mit der Auflage, regelmäßig die Depotmedikamente zu nehmen.