Hattingen. . Die Zahl der Anklagen steigt, stellt Richter Johannes Kimmeskamp fest. Jetzt wurde ein 24-Jähriger zur einer Bewährungsstrafe verurteilt
- Vor dem Amtsgericht wird inzwischen häufiger wegen Volksverhetzung verhandelt
- Jetzt musste sich ein 24-Jähriger verantworten, der gegen Flüchtlinge an der Talstraße gepöbelt hatte
- Meist beziehen sich die Anklagen auf Hasskommentare im Netz
Die Zahl der Anklagen wegen Volksverhetzung nimmt auch in Hattingen zu, das beobachtet Amtsrichter Johannes Kimmeskamp. Erst vor zwei Wochen hatte sich eine Hattingerin vor Gericht verantworten müssen, von deren Handy Hasskommentare bei Facebook abgesetzt worden waren. Jetzt saß ein junger Mann auf der Anklagebank, der vor der Flüchtlingsunterkunft an der Talstraße ausfallend geworden war.
Während die Frau freigesprochen worden war, weil ihr die Taten nicht nachgewiesen werden konnten, erhielt der 24-Jährige eine Haftstrafe zu einem Jahr auf Bewährung und muss 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
Im Oktober des vergangenen Jahres sollen der Angeklagte, sein Bruder und ein Freund vor der Notunterkunft an der Talstraße gepöbelt haben. Laut Anklage seien Sätze wie „Verpisst euch zurück in euer Land bei der Bombenstimmung“ gefallen sein. Den Sicherheitsdienst waren die Männer angegangen, hatten die Wachleute als „Volksverräter“ beschimpft und mit einer Bierflasche bedroht. Und auch gegen die dazugerufenen Polizisten fielen Beleidigungen.
Angeklagter distanziert sich
Der Angeklagte sagt: „Vieles davon ist so absolut nicht wahr.“ Er habe sich von Polizei und Sicherheitsdienst provoziert gefühlt, aber niemanden bedroht. Vier Polizeibeamte und ein Mann vom Wachdienst beschreiben den 24-Jährigen als aggressiv und, dass er rassistische Parolen gerufen habe. „Da wurde die alte Nationalhymne gesungen“, erinnert sich ein Zeuge. Von den ausländerfeindlichen Äußerungen distanziert sich der Angeklagte: „Ich bin kein Rassist“.
Allerdings war der Mann nicht zum ersten Mal in einer solchen Richtung auffällig geworden. Erst vor einem Jahr musste er eine Geldstrafe wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen zahlen. „Das war ein Satirebild mit Adolf Hitler, das ich auf Facebook geteilt habe“, erklärt der Beschuldigte.
Die meisten Anklagen wegen Volksverhetzung bezögen sich auf Kommentare in dem sozialen Netzwerk, weiß Richter Kimmeskamp. Dass im Netz zunehmend die Hemmungen fallen, stellte im vergangenen Jahr bereits der zuständige Staatsschutz in Hagen fest. Der Fall des 24-Jährigen, der vor der Unterkunft gepöbelt hatte, sei die Ausnahme, so der Richter.
Dass der Mann einschlägig vorbestraft ist, werteten Staatsanwaltschaft und Gericht gegen ihn. Geringfügig für ihn sprach nur seine Enthemmung durch Alkoholkonsum. „Aber da kommen auch nur Sachen zutage, die man ohnehin schon denkt“, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung.