Hattingen. Der 50-jährige Mustafa Okur führt jetzt die Ditib Türkisch-Islamische Gemeinde zu Hattingen.Der Vater zweier Kinder will sich vor allem um die Probleme der Jugendlichen kümmern

  • Mustafa Okur (50) führt jetzt die Ditib Türkisch-Islamische Gemeinde zu Hattingen
  • Vater zweier Kinder will sich vor allem um die Probleme der Jugendlichen kümmern
  • „Das größte Problem ist die Unwissenheit. Sie schürt Ängste“, sagt Okur

Die Jugendlichen vor der „dunklen Seite“ zu bewahren, das ist ein Ziel von Mustafa Okur (50). Er ist der neue Imam der Ditib Türkisch-Islamischen Gemeinde zu Hattingen. Die sich sehr freut, dass es Mustafa Okur ist, der ausgewählt wurde, fünf Jahre in Hattingen zu wirken: Denn auch der neue Vorstand hatte sich (wie berichtet) entschlossen, ein besonderes Augenmerk auf die Jugendlichen zu richten.

Deutschland und NRW sind für Okur kein Neuland. Er war bereits fünf Jahre als Imam in Herten, hat dort noch viele Freunde – „und zwar nicht nur türkische“, betont er. Nach Hattingen ist er aber frisch aus Ankara gekommen, wo er zwei Jahre bei einem Islamverband gearbeitet hat. Während die Hattinger Gemeinde erst kurz vor seiner Ankunft Anfang September seinen Namen genannt bekam, wusste Okur schon etwa ein Jahr lang, dass es für ihn wohl nach Hattingen geht. Sein Wunsch, nach Deutschland, gar nach NRW, zurückzukehren, erfüllte sich damit. „Ich habe dann über das Internet die Aktivitäten verfolgt und war begeistert, wie lebendig die Gemeinde ist, sich auch für Flüchtlinge engagiert. Da habe ich gedacht: Da will ich dabei sein.“ Auch in die Geschichte Hattingens las er sich ein.

In der Stadt möchte er die Probleme der Jugendlichen hören, sie mit ihnen gemeinsam lösen. „Ich weiß, wo die Probleme liegen. Ich bin ja nicht zum ersten Mal hier. Die Jugendlichen leben in zwei Kulturen, müssen sich in beiden wohlfühlen, Widerstände überwinden. Und sie sollen einen Beitrag zu dieser Gesellschaft leisten.“ Er weiß auch darum, wovon er spricht, weil er selbst Kinder hat. Seine Tochter hat ihr Abitur in Herten abgelegt, will jetzt in Ankara, der Geburtsstadt ihres Vaters, studieren. Sein Sohn besucht in Hattingen das Berufskolleg. Okur selbst möchte hier gerne wissenschaftlich weiterkommen. „Wenn es zeitlich möglich ist, möchte ich an der Uni Münster oder Osnabrück meinen Doktor in Islamwissenschaften machen “, sagt er. Neben Islamwissenschaften hatte er in Ankara Wirtschaft und Soziologie studiert.

Ungewissheit schürt Ängste

Kontakt zu den Pfarrern der christlichen Gemeinden will er bald aufnehmen. „Vertreter aller Religionen sollten zusammenarbeiten.“ Gerne steht er auch auf Einladung beispielsweise im Religionsunterricht Kindern Rede und Antwort. Die Fragen versteht er dabei problemlos auf Deutsch. Die Antworten fallen ihm gelegentlich schwer, weshalb er da gern auf die Übersetzungshilfe der Vorstandsmitglieder der Gemeinde zurückgreift. „Das größte Problem ist die Unwissenheit. Sie schürt Ängste. Ich möchte den richtigen Islam präsentieren, der nichts mit ISIS zu tun hat.“

Zu den Unstimmigkeiten zwischen Ditib und dem Landesinnenminister zitiert er – ohne dabei direkt auf das Problem einzugehen – ein türkisches Sprichwort: „Wenn drei oder vier Leute gleichzeitig reden, versteht keiner mehr etwas. Wir müssen anfangen, uns zuzuhören, dann kann jeder seine Fehler korrigieren.“

Ähnlich gelassen und entspannt sieht er auch die politischen Auseinandersetzungen zwischen der Türkei und Deutschland. „Deutschland und die Türkei haben auch in der Vergangenheit immer gut zusammengearbeitet. Das wird so bleiben. Es wird in Kürze Ruhe eintreten. Es wird der Tag kommen, an dem man wieder miteinander statt übereinander reden wird“, glaubt er.

Islamunterricht an Hattinger Schulen fände er gut, weil er dann sicher wüsste, dass die Schüler den friedlichen Islam kennenlernen. Okur will auf lokaler Ebene tun, was für die Verständigung der Menschen untereinander nötig ist. So will er beim interreligiösen Friedensgebet im November dabei sein. „In Herten habe ich auch Adventsaktionen der christlichen Gemeinden mitgemacht. Ich hoffe, dass sich hier auch die Gelegenheit ergibt“, erklärt er. Und lädt alle interessierten Hattinger ein, in die Moschee zu kommen: „Sie sollen rein und raus gehen – wie sie wollen!“

Zwar ist er Imam, sieht sich aber eher als Nachbar der Menschen in der Stadt. Denn auf Augenhöhe will er ihnen begegnen. Hattingen und seine Umgebung hat er sich schon angesehen, war schon bei einem Spiel von Hedefspor. „Da hat man mich zuerst hingeschleppt“, sagt er lachend. Für Fußball interessiert er sich. „In Herten war ich Schalke-Fan. Mal sehen, ob das hier so bleiben kann“, sagt er mit einem Augenzwinkern.