Hattingen.. Heinrich Eversberg rief das Ausgrabungsprojekt ins Leben. Erst buddelten die Schüler an derBurg Altendorf, später dann am Isenberg. In den ersten Jahren waren nur Jungs dabei
Vor einem halben Jahrhundert begann Lehrer Dr. Heinrich Eversberg ein Projekt, das ihn Jahrzehnte beschäftigen sollte: die Buddel-AG. Mit hunderten Schülern grub er die Reste der Isenburg aus, fand Unerwartetes, Erwartetes und Kurioses. Auch wenn das Schulprojekt längst beendet ist, bewahrt sein Nachfolger, der eingetragene Verein zur Erhaltung der Isenburg, die alten Gemäuer noch heute.
Begonnen hatte alles 1966. Der Blatzheim-Konzern wollte einen Teil des Isenbergs samt Burgruine kaufen, um dort ein Hotel zu bauen. Eversberg sollte nachsehen, ob sich im Boden noch kulturgeschichtlich wichtige Funde befinden. Sein Plan: Die Gründung einer Schüler-Arbeitsgemeinschaft am Gymnasium Waldstraße. „Das war früher nicht gängig“, weiß Denkmalpfleger Jürgen Uphues, selbst lange Mitglied der Buddel-AG und jetzt des Vereins zur Erhaltung der Isenburg. „Es war eine der ersten Arbeitsgemeinschaften in ganz NRW.“
Und die erhielt am 19. September 1966 die Erlaubnis des Regierungspräsidenten in Arnsberg, die Arbeit aufzunehmen. Tatsächlich hatte die Buddel-AG aber schon vor genau 50 Jahren, am 16. September 1966, losgelegt: Aus dringenden archäologischen Gründen, wie Eversbergs ausführte, in der Burg Altendorf.
Dort erhielt der Schülertrupp seinen Namen: Buddel-AG. „Der war scherzhaft und etwas abschätzig gemeint: Halbstarke hatten ja sonst anderes im Kopf, als die Wochenenden im Dreck in Burgaltendorf zu buddeln“, sagt Uphues lachend. Bis 1970 wurde in Altendorf gebuddelt, dann auf dem Isenberg.
Dass die Schüler bei ihrer Arbeit wertvolle Funde zerstören könnten, befürchtete niemand: „Alle sind davon ausgegangen, dass eh nicht viel zu holen ist. Das Ziel war es, nachzusehen, ob auf dem Isenberg eine Burg war, welche Strukturen noch erhalten sind“, erklärt Uphues.
560 Menschen halfen mit
Und das haben die Oberstufenschüler um Eversberg gemacht. 20 Jahre dauerte es, die Burg komplett freizulegen. Dabei waren ursprünglich fünf Jahre und nur die Freilegung von Teilen geplant. Im Laufe der Zeit waren um die 560 Leute an den Grabungen beteiligt, wie aus Eversbergs Tagebüchern hervorgeht – längst nicht nur Schüler, sondern auch Freunde und Nachbarn. Und auch von der heimischen Industrie gab es Hilfe. So stellte die Henrichshütte einen Vierradlader, um tonnenweise Schutt abzugraben. „Der Bergfried war vorher nur ein von Buchen bewachsener Erdhaufen“, erinnert sich Uphues.
Die Schüler gingen mit leichterem Gerät zu Werke. Hier waren vor allem Spitzhacke, Schaufel und Schubkarre im Einsatz. „Wir haben uns richtige Rennen geliefert“, berichtet der Denkmalpfleger, der im August 1973 seinen ersten Arbeitstag als Buddler hatte. Der Rekord habe bei einem Einsatz bei 140 Schubkarren voll Schutt gelegen.
Wurden Mauerreste entdeckt, folgten die Schüler dem Mauerverlauf. Dann wurde der Schutt durchsortiert, große Steine wurden aussortiert. Und in der Kulturschicht, in der mit Funden zu rechnen war, blieb die Spitzhacke im Keller. „Dann war der Kratzer das wichtigste Werkzeug“, so Uphues.
In der Regel arbeiteten die Schüler in Gruppen mit fünf Mann. Mann ist dabei übrigens in den ersten neun Jahren wörtlich zu nehmen. Denn erst 1975 buddelten die ersten Mädchen mit. Die durften aber zunächst nur leichte Arbeiten verrichten, wie das Aussieben der Fundstellen. „Das gefiel uns Jungs nicht, schließlich karrten wir den Schutt weg und jeder hoffte darauf, dann etwas Tolles zu finden“ erinnert sich Uphues.
Nur ein Jahr später wurde der Verein zur Erhaltung der Isenburg gegründet. Ursprünglich als Notlösung, denn der Ruhestand von Eversberg stand bevor – und die Buddel-AG war an seine Tätigkeit als Lehrer gebunden. Ein Nachfolger im Kollegium fand sich nicht, Eversberg durfte aber noch bis 1980 zweimal die Woche weiter unterrichten und die Buddler anleiten.
Danach wurde er Vorsitzender des Vereins. „Wir haben ein Tragegestell gebaut, um ihn auch mit 79 Jahren noch auf die Mauern zu kriegen“, sagt Uphues. Erst mit dem Brand von Haus Custodis 1985 zog sich Eversberg zurück. 1989, nach Fertigstellung des Abschlussberichtes, erklärte er das Projekt für beendet. Der Verein wählte 1990 den ersten Vorstand ohne den Gründer der Buddel-AG. „Die Nachgrabungen hat er nie gesehen. Nach Abschluss der Arbeiten war er nie wieder auf der Burg“, sagt Uphues.