Hattingen. Die St.-Georgs-Kirche wurde in ihrer gut 800-jährigen Geschichte massiv umgebaut. Ein Stahlträger-System bewahrt das Denkmal heute vor dem Einsturz.

  • St.-Georgs-Kirche ist gut 800 Jahre alt
  • Dach des Denkmals wurde ursprünglich von sechs Säulen getragen
  • Gemeinde zahlt für den letzten Umbau in den 1990er Jahren noch heute

Ihr schiefer Turm ist das Wahrzeichen der Stadt. Die St.-Georgs-Kirche kennt wohl jeder Hattinger – und das seit Jahrhunderten. Dabei hätte ein Beobachter sie vor 250 Jahren noch ganz anders beschrieben als der heutige. Dass sie überhaupt noch steht, ist findigen Architekten aus verschiedenen Jahrhunderten zu verdanken. Und die letzte Rettungaktion, so verrät Pfarrer Udo Polenske, „werden wir noch ein zwei Jahre abbezahlen müssen“.

Wann genau die Kirche gebaut wurde, ist nicht bekannt – irgendwann im 13. Jahrhundert muss es aber gewesen sein. Damals gab es im Kircheninneren noch „zwei Reihen von je drei breit gemauerten Pfleiern, die ein flaches, steinernes Gewölbe trugen“, beschreibt Eversberg. Heute präsentiert sich die Kirche ganz anders: ohne Säulen, aber mit großer Empore.

Mehrfach war das Gotteshaus um- und etwas angebaut worden. Die massivste Änderung stand aber Anfang des 19. Jahrhunderts ins Haus. Im November 1804 hatte sich ein Stein aus dem Gewölbe gelöst und war auf der Kirchenbank eines einflussreichen Bürgers gelandet. Ab sofort fanden die Gottesdienste im Krämersdorf statt und es wurde diskutiert, die Kirche abzureißen und neu zu bauen. Dieser Plan wurde schnell zunichte gemacht, weshalb 1807 beschlossen wurde, groß umzubauen.

Stützpfeiler für Außenmauern

Die Pfeiler kamen zugunsten der Empore raus. Aber „durch das Wegräumen der Kreuzgewölbe hatten die Außenmauern ihre Verbindung und Haltbarkeit verloren“, so Eversberg. Um sie zu stützen wurden drei schräge Strebepfeiler außen an der Kirche angebracht, die heute noch zu sehen sind. „Die hatten aber erst kein Fundament, so dass sie einsackten“, erklärt Pfarrer Udo Polenske.

Eine Holzbretterdecke ersetzte im Gotteshaus das Gewölbe. Seit 1954 ist das wiedrum durch die Kassettendecke mit 298 Sternen verdeckt. Aber ein genauer Blick nach oben lohnt: An einer Ecke wurde eine der Kassetten offen gelassen. Hier kann man noch die bemalte Holzdecke sehen und ahnen, wie duster die Kirche früher war.

Lange hielt die Konstruktion. Doch die Glocken von 1950 brachten den Kirchturm aus dem Gleichgewicht. „Sie waren zu schwer und läuteten in die falsche Richtung“, sagt Polenske. „Als ich hier anfing, so vor 28 Jahren, drohte der Turm auseinanderzufallen.“ An jeder Seite sei ein Riss sichtbar gewesen.

Also wurde alles neu verfugt und mit Betoninjektionen in die Mauern stabilisiert. „Es wurden vier Stahldrähte durch den Turm gezogen, um ihn zusammenzuhalten“, erklärt der Pfarrer. Und auch das Kirchendach musste stabilisiert werden. Sieben Stahlbinder – gut 35 Tonnen schwer – wurden auf das Mauerwerk gesetzt. Die historische Holzkonstruktion blieb erhalten, hat aber heute keine trangende Funkion mehr. „1,1 Millionen D-Mark kostete das alles. Den Kredit zahlen wir noch heute ab“, so Polenske.

Besonders stolz sind Polenske und Kirchenmusikerin Maria Cristina Witte übrigens auf die Rötzel-Orgel. „Wenn man zur Orgel schaut, das ist beeindruckend. Da erhalte ich direkt meine Arbeitsanweisung“, lacht Witte. Denn dort steht geschrieben: „Singet und spielet dem Herrn in eurem Herzen.“

Sogar hinter der Orgel gibt es Ungewöhnliches zu entdecken: an der Kalkantenwand. Das war früher die Rückwand der Orgel, als hier noch so genannte Kalkaten die Blasebälge bedienten.

Und die hätten sich auf der Holzwand verewigt, zeigen Witte und Polenske. Unter anderem mit der Jahreszahl 1885 – „das ist das Graffiti des 19. Jahrhunderts“.