Hattingen. . Der Weg von Birschels Mühle, von einer der größten Produktionsstätten für Mehl zum Denkmal mit seniorengerechten Wohnungen, war steinig.
- Birschels übernahmen die Mühle 1861
- Eine Turbine und Dampfmaschine trieben die Mahlwerke an
- Umbau war ein Millionenprojekt
Dass Birschels Mühle an der Schleusenstraße heute 43 seniorengerechte Wohnungen enthält, war jahrelang nur ein Wunschtraum. Die Gebäude drohten zu verfallen und waren dem Abriss nah. Heute ist der Bau ein Musterbeispiel für die Umnutzung eines Denkmals.
„Was macht man mit einem alten Silo, einem leeren Raum über mehrere Etagen“, fragt Denkmalpfleger Jürgen Uphues. „Da gab es ja keine Zwischenebenen, nur Tanks und Stahlgitter rundrum“, weiß auch Joachim Rottschy, Chef der Birschel Mühle GmbH. Damit dort Wohnungen entstehen konnten, spielte den Planern ein Umstand in die Karten: auf Höhe der Stahlgitter gab es bereits Fenster. Nur deren Höhe differiert zwischen dem älteren Siloteil und dem „neueren“ von 1901. „Deshalb gibt es in einigen Wohnungen kleine Stufen und die Fenster sind mal ebenerdig, mal normal hoch“, weiß Joachim Rottschy. Eine Fensterreihe im älteren Gebäudeteil musste zugemauert werden, um die Etagen auf einer Höhe anlegen zu können. „Dahinter ist ein niedriger Hohlraum“, verrät Rottschy.
Dass er heute für die Birschel Mühle verantwortlich ist, ist Folge großer Probleme beim Umbau. Rottschy, der eigentlich nur eine der Wohnungen für sein Altenteil kaufen wollte, übernahm gemeinsam mit anderen Eigentümern nachdem der Investor mit dem Millionenprojekt gescheitert war und Insolvenz anmelden musste.
Eigentlich hatte der Umbau 1996 beginnen sollen – 41 Jahre nachdem der Mühlenbetrieb eingestellt worden war. Doch immer wieder gab es Verzögerungen. Erst 1998 wurde der Wellblechtrakt demontiert, der einst das Mühlengebäude an der Ruhr mit dem Silo verband. Wo er sich befand, ist heute durch eine andere Farbgebung an der Fassade zu sehen. Durch das Verbindungsgebäude liefen früher die Förderbänder, die die Mehlsäcke transportierten.
Das repräsentative Mühlenhaus, das mit seinen Zinnen mehr nach einer Burg aussieht, wurde 1902 gebaut. Vorher stand hier ein viel schlichteres Gebäude. Das entdeckte Joachim Rottschy auf einem alten Foto. „Aber ich habe es erst gar nicht erkannt, weil das Negativ falsch herum belichtet worden war“, lacht er.
Die Gebrüder Gottlieb und Friedrich Birschel hatten die Mühle 1861 übernommen und ausgebaut. Damit sie weniger abhängig vom Wasserstand der Ruhr waren, wurde das Mahlwerk schon seit 1873 durch eine Turbine und Dampfmaschine angetrieben. Um die Produktion in großem Stil sicherzustellen – 100 Tonnen Mehl in Sorten mit Namen wir „Ruhrgold“, „Ruhrperle“ und „Ruhrblume“ produzierte die Mühle zu ihren Hochzeiten täglich – erhielt die Anlage schon 1983 einen eigenen Eisenbahnanschluss. Überreste der Gleise und das Tor, durch das die Bahn einfuhr sind noch heute am hinteren Teil des ehemaligen Silos zu sehen.
1955 traf das Mühlensterben Hattingen und der letzte Müller von Birschels Mühle musste gehen. Danach zog eine Pappenfabrik ein und ein Metallverarbeiter. Es folgte ein jahrelanger Leerstand. 1989 verkauften Birschels ihre ehemalige Mühle.